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Er habe „selbst zu erkennen gegeben, dass im Umgang mit Interviews vorsichtiger zu hantieren ist, um nicht in entsprechende Fallen zu geraten“, berichtet Steinmeier über Steinbrück (Bild).

© dpa

Der Kandidat zeigt sich einsichtig: Steinbrück will Neustart nach Niedersachsen-Wahl

Die Sozialdemokraten im Bund setzen alle Hoffnungen auf einen Regierungswechsel in Niedersachsen, um den Negativtrend Peer Steinbrücks umzudrehen. Die Schuld für die schlechten Umfragewerte sehen sie aber woanders.

Von Hans Monath

Der SPD-Fraktionschef kam gleich zur Sache. „Sie haben die letzten Umfragen von gestern Morgen gesehen“, sagte Frank-Walter Steinmeier auf seiner Pressekonferenz zum Ende der Fraktionsklausur im Reichstag am Freitagmittag. Doch der SPD-Politiker meinte nicht das Umfragetief von Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, sondern die Demoskopenzahlen zur Niedersachsen-Wahl. Die sagen Rot-Grün einen knappen Sieg voraus. Auf den Regierungswechsel in Hannover, der den Negativtrend Steinbrücks umdrehen könnte, setzen die Sozialdemokraten im Bund alle Hoffnung. Dann nämlich soll es einen Neustart für den Kandidaten geben.

Die Wirkung der Steinbrück-Zahlen konnte Steinmeier auf der Pressekonferenz selbst erleben: Statt nach den Klausurthemen bezahlbare Mieten und Aufarbeitung der NSU-Morde fragten die Journalisten nach dem Absturz des Kandidaten. Zwar schöpfen die Sozialdemokraten Hoffnung, weil das angeschlagene Image Steinbrücks ausweislich der Umfragen ihre Partei in Niedersachsen nicht nach unten zieht. Doch keiner kann ihnen garantieren, dass es so bleibt.

Mit Aussagen zum zu niedrigen Gehalt des Kanzlers hatte Steinbrück vor 14 Tagen das Misstrauen der Bürger selbst provoziert und eine Situation geschaffen, die eine Abgeordnete am Rand der Fraktion mit den Worten beschrieb: „Wir sind im Loch.“ Hinter verschlossenen Türen zeigte sich der Kandidat vor Genossen einsichtig. Er habe „selbst zu erkennen gegeben, dass im Umgang mit Interviews vorsichtiger zu hantieren ist, um nicht in entsprechende Fallen zu geraten“, berichtete Steinmeier.

Nach Angaben von Teilnehmern erklärte Steinbrück, die Situation lasse sich nicht mit einem Knopfdruck ändern, man müsse nun stetig die sozialdemokratischen Inhalte kommunizieren. Er habe nun zwar ein „paar Steine im Rucksack“, könne die aber tragen. Der Kandidat bemühte demnach auch das Bild von der Küche, deren Hitze man aushalten müsse, wenn man dort arbeiten wolle.

Die erste Umfrage mit dramatisch verschlechterten Zahlen war ausgerechnet an Steinbrücks 66. Geburtstag am Donnerstag bekannt geworden, den die Fraktion am Abend in der Landesvertretung Hamburg feierte. Der Jubilar dankte in einer kurzen Ansprache und berichtete, dass er trotz des Gegenwinds viele Mitteilungen und Anrufe bekommen habe, die ihn bestärkten. Tatsächlich sehen viele Sozialdemokraten die Schuld für die Aufregung um seine Sätze zum Kanzlergehalt vor allem bei den Medien, die sie als unfair oder gar parteiisch empfinden.

Als Geschenk erhielt Steinbrück von der Fraktion die ersten fünf Bände des Tagebuchs des Hamburger Juristen Ferdinand Beneke (1774 bis 1848), die einen Blick in die geordnete bürgerliche Welt des 19. Jahrhunderts ermöglichen. Ob der Kandidat in unruhigen Zeiten dazu kommt, die fast 3000 Seiten zu lesen, dürfte eher fraglich sein.

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