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Politik: Der Klub der Autokraten

Der Golf-Kooperationsrat hat den Königreichen Jordanien und Marokko die Mitgliedschaft angeboten

Berlin - Der Sturz der Regime in Tunesien und Ägypten und die Aufstände in Libyen, Syrien und Jemen haben die Karten in der arabischen Welt neu gemischt. Bis auf Bahrain waren die Monarchien in der Region bisher von Volksaufständen verschont oder konnten – wie in Marokko – Demonstrationen mit Reformankündigungen eindämmen. Die rohstoffreichen Golf-Monarchien, die seit 1981 im Golf-Kooperationsrat zusammengeschlossen sind und wirtschaftlich und militärisch zusammenarbeiten, beobachten die Umbrüche in ihrer Nachbarschaft mit großer Sorge. Bisher galten die Ambitionen des schiitischen Iran als größte Gefahr. Nun fürchten die reichen Erdölstaaten ein Übergreifen der Demokratiebewegungen auf die eigenen Bevölkerungen – der Einsatz der saudischen Armee im benachbarten Bahrain ist ein Beweis dafür, dass jeder Protest im Keim erstickt werden soll, notfalls mit Gewalt. Gleichzeitig mussten die pro-amerikanischen Golf- Staaten erkennen, dass der Alliierte USA notfalls schnell die Seiten wechselt. Der Fall des ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak hat ihnen vor Augen geführt, dass die Weltmacht keinem Verbündeten zu Hilfe kommt, der vom eigenen Volk bedrängt wird. Nun haben die konservativen Golf-Monarchien reagiert. Sie boten überraschend Jordanien und Marokko die Mitgliedschaft in ihrem exklusiven Klub an. Jordanien hatte darum gebeten, Marokko wurde völlig überrascht.

Beide Länder liegen weder am Golf noch haben sie nennenswerte Bodenschätze. Auch wirtschaftlich und kulturell unterscheiden sie sich von den Rentierstaaten am Golf – doch sind sie islamische Monarchien und bisher von ernsthaften Unruhen verschont. Damit liegt der Verdacht nahe, dass Saudi-Arabien, Kuwait, Oman, die Vereinigten Emirate, Katar und Bahrain ein Bollwerk gegen die demokratischen Bewegungen schaffen wollen, welche die Region seit Monaten erschüttern. Dies wäre eine Wiederauflage der Konstellation des arabischen Kalten Krieges in den 50er und 60er Jahren, als konservative Monarchien den panarabischen Republiken gegenüberstanden. „Der Erfolg der Monarchien in der arabischen Welt ist wichtig für ihre eigene Sicherheit“, analysiert Jon Alterman, Direktor des Nahostprogramms am Zentrum für Strategische und Internationale Studien in Washington, den Vorstoß der Golfstaaten.

Um Jordanien und Marokko vor Umstürzen zu bewahren, würden die Golfländer in großem Stil investieren und ihre Länder weiter für Gastarbeiter aus beiden Ländern öffnen, sagt Alterman voraus. Doch die wirtschaftliche Unterstützung hat ihren Preis: „Das Angebot ist wirtschaftlich gut, aber politisch schlecht“, meint der jordanische Kommentator Daoud Kuttab. „Marokko und Jordanien werden politische Kompromisse schließen müssen“, fürchtet er. Auch der jordanische Politikprofessor Mohammed Momani glaubt, dass die politischen Reformprozesse in Marokko und Jordanien darunter leiden würden. „Die Erfahrung zeigt, dass Saudi-Arabien Reformen in der Region skeptisch verfolgt, weil es ein Überspringen fürchtet.“ Der amerikanische Nahostexperte Marc Lynch von der Universität George Washington ist überzeugt: „Die Golf-Monarchien strecken ihre Hand aus, damit die anderen Monarchien nicht fallen oder sich reformieren.“

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