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Der ukrainische Ex-Regierungschef Mykola Asarow zeigte bei einer Pressekonferenz Anfang August in Moskau demonstrativ seinen ukrainischen Pass.

© AFP

Der Konflikt in der Ukraine: Abrechnung eines Ex-Regierungschefs

Der ukrainische Ex-Premier Mykola Asarow beschreibt in einem Buch seine Sicht auf den Krieg in der Ukraine und auf den Maidan. Wird er nach den Geschäften seiner Familie gefragt, reagiert er verärgert.

Der Autor konnte zur Vorstellung seines Buches in Berlin nicht kommen. Mykola Asarow, der frühere Regierungschef der Ukraine und enge Vertraute von Ex-Präsident Viktor Janukowitsch, hat in der Europäischen Union Einreiseverbot. „Leider hat die EU Sanktionen verhängt, die meine politische Tätigkeit in der EU einschränken“, sagte der Ex-Regierungschef, der per Skype aus Moskau zugeschaltet war. Die EU hatte im März vergangenen Jahres Einreiseverbote und Kontensperrungen für diejenigen Vertreter der Führungselite um Ex-Präsident Viktor Janukowitsch beschlossen, denen die Veruntreuung staatlicher Vermögenswerte in der Ukraine zur Last gelegt wird.
Sein im Verlag Das Neue Berlin erschienenes Buch hat den Titel „Ukraine: Die Wahrheit über den Staatsstreich“. Es ist eine Abrechnung mit der heutigen Führung der Ukraine und den Massendemonstrationen auf dem Maidan. Von einem „Regime“ in Kiew spricht Asarow, wenn er von der neuen ukrainischen Regierung redet. Asarow war Ende Januar 2014 zurückgetreten, nachdem seine Regierung auch im Parlament die Unterstützung verloren hatte. Die damalige Opposition warf ihm lange vor, nicht deutlich genug gegen Korruption vorzugehen. Nur wenige Stunden nach seinem Rücktritt flog Asarow in einem Privatjet nach Österreich. Später ging er nach Russland, wo er bis heute lebt. In der Ukraine läuft ein Strafverfahren gegen den Ex-Regierungschef.

Seinen Nachfolgern gibt Asarow die Schuld am Krieg im Donbass und an der Annexion der Halbinsel Krim durch Russland. „Die an die Macht gelangten radikalen Kräfte legten eine Politik auf, die zum Verlust der Krim und dem Konflikt im Osten des Landes führte.“ Russlands Vorgehen im Ukraine-Konflikt kritisiert der ukrainische Ex-Premier dagegen nicht – im Gegenteil. Es habe die Gefahr gegeben, „dass wesentliche Teile der Bevölkerung des Donbass hätten vernichtet werden können“. Daher habe der Donbass Unterstützung „aus der Ukraine, aber auch aus Russland“ erhalten. Anfangs seien dies „schlecht bewaffnete Verbände“ gewesen, die einen „ungleichen Kampf gegen Kiews Truppen“ führten.

Von russischen Soldaten im Donbass will Asarow nichts wissen

Auf eine Frage zur Präsenz russischer Truppen in der Ostukraine, die selbst von Beobachtern der OSZE bestätigt wurde, sagte Asarow: „Ich habe keine verlässlichen Angaben, dass reguläre russische Einheiten im Donbass gekämpft haben.“ Das seien „Spekulationen des Kiewer Regimes“. Der Konflikt sei mit militärischen Mitteln nicht zu lösen, betont Asarow. Die ukrainische Regierung müsse sich mit „den Behörden in Donezk“  - den Begriff „Separatisten“ verwendet er nicht – an einen Tisch setzen. Damit schließt er sich einer der wichtigsten Forderungen Russlands an.

Von Russland aus hat Asarow ein „Komitee zur Rettung der Ukraine“ gegründet. Es solle keine „Exilregierung“ sein, versichert er, sondern „dem Volk eine alternative Sicht auf die Prozesse anbieten“. In die Ukraine will er unbedingt zurückkehren. Als er regiert habe, hätten in der Ukraine „Frieden und Ordnung“ geherrscht, betont er noch. „Und Granaten hat auch niemand geworfen“, sagt Asarow in Anspielung auf die Ausschreitungen vor dem Parlament am Montag. Sein deutscher Verlag lobt ihn im Ankündigungstext des Buches als einen Politiker, der „verlässlich, berechenbar, unbestechlich und kompetent“ war.  Bei der Buchvorstellung in Berlin begrüßt ihn der letzte SED-Ministerpräsident der DDR, Hans Modrow, auf Russisch als "lieben Kollegen".

"Ich besitze keine Immobilien im Ausland"

Geradezu verärgert reagiert Asarow, als er von einer ukrainischen Journalistin nach den Immobilien gefragt wird, die seine Familie in mehreren Ländern besitze, und mit welchen Mitteln diese bezahlt worden seien. Als er noch die Regierung in Kiew führte, lebte sein Sohn Oleksij bereits als Unternehmer in Österreich. Auch ihn setzte die EU 2014 auf die Sanktionsliste, Österreich nahm gegen den Sohn des Ex-Regierungschefs Ermittlungen wegen des Verdachts der Geldwäsche auf. Der Vater schaltete eine Lobbykanzlei in Brüssel ein, damit er und sein Sohn von den Sanktionen befreit würden. Später wurde Oleksij Asarow tatsächlich von der Sanktionsliste gestrichen. Die Familie soll nicht nur eine Villa, sondern ein ganzes Firmengeflecht besitzen. Als Inhaber wurden Medienberichten zufolge allerdings weder Asarow noch sein Sohn geführt, sondern die Schwiegertochter. So kann Asarow bei der Buchvorstellung im Brustton der Empörung sagen: „Ich besitze keine Konten im Ausland, und ich besitze auch keine Immobilien im Ausland.“

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