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Politik: Der Kronprinz wird nervös

Oettinger bringt sich als Nachfolger von Teufel ins Spiel – wegen Schavan

Von Bettina Wieselmann,

Stuttgart

Alles andere wäre die wirkliche Nachricht gewesen – und doch verfehlte die im „Staatsanzeiger für Baden-Württemberg“ platzierte Ankündigung „Oettinger möchte Teufel beerben“ nicht ihre Wirkung: Dem CDU-Fraktionschef im Stuttgarter Landtag gehörten die landespolitischen Schlagzeilen.

Dass der 50-Jährige gerade jetzt seine vielfach beschriebene Ambition auf das Amt des Ministerpräsidenten amtlich gemacht hat, kommt nicht von ungefähr. Schien sich doch Oettingers Konkurrentin im offiziell noch gar nicht eröffneten Rennen um die Teufel-Nachfolge, Kultusministerin Annette Schavan (49), in der öffentlichen Wahrnehmung einen Vorsprung erarbeitet zu haben: als viel genannte, angeblich bis kurz vor Schluss auch aussichtsreiche CDU-Kandidatin für das Amt der Bundespräsidentin. Homestorys in der Boulevardpresse brachten die solcher Vermarktung bislang eher kühl gegenüberstehende Rheinländerin den Schwaben und Badenern ungewohnt nahe.

Geschadet habe diese Debatte Schavan sicher nicht, räumen auch jene ein, die in Oettinger den aussichtsreicheren Aspiranten sehen. Schavans demonstrativ gepflegte Zurückhaltung bei der Nachfolge-Frage dürfte auch in der Partei wohlwollender aufgenommen werden als das nach 13 Jahren nicht eben verfrühte Füßescharren des Kronprinzen. Schließlich stehen im Juni Europa- und Kommunalwahlen an. Personalpolitische Unruhe passt da nicht ins CDU-Konzept.

Dabei ist spätestens seit dem Dezember-Parteitag, als der CDU-Landeschef nur noch 76,9 Prozent bekam, klar, dass Teufel nicht mehr auf blinde Gefolgschaft zählen kann. Die Stimmen mehren sich, die Klarheit darüber verlangen, wie der Wechsel vonstatten gehen könnte. Auch wenn sich der 64-Jährige mit den hervorragenden Umfragewerten immer noch für den besten aller denkbaren baden-württembergischen Regierungschefs hält – und nicht nur darauf pocht, bis Frühjahr 2006 gewählt zu sein, sondern auch eine erneute Kandidatur nicht ausschließt.

Genaues weiß man nicht. Nur, dass der prinzipientreue wie detailverbissene Katholik Teufel allemal Schavan, der Vizepräsidentin im Zentralkomitee der deutschen Katholiken, den Vorzug geben würde vor dem versierten und taktischen Finessen nicht abholden Günther Oettinger. Der wiederum wird weiterhin „loyal bis zum Anschlag“ sein und alles vermeiden, was ihn als Königsmörder erscheinen lassen könnte. Doch immerhin sagt er jetzt laut, dass er König werden will.

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