zum Hauptinhalt

Politik: Der lange Arm des Diktators

Das Leben in Liberia normalisiert sich – selbst wenn Ex-Präsident Taylor aus dem Exil seinen Einfluss nutzen will

Für den UN-Sicherheitsrat bleibt Liberias früherer Präsident Charles Taylor schuldig. Taylor versuche aus dem Exil weiterhin, seinen Einfluss zu nutzen, um den Friedensprozess zu gefährden, sagte der Ratspräsident, US-Botschafter John Negroponte, am Donnerstag in New York.

Doch insgesamt ist es um Taylor ruhig geworden, und das Leben in Liberia normalisiert sich. Eine Öffnung der Schulen wird vorbereitet. Die UN-Blauhelme in Liberia hatten zu Wochenbeginn an alle Kriegsparteien die Aufforderung gerichtet, binnen drei Tagen sämtliche Waffen aus der Hauptstadt Monrovia zu entfernen. Checkpoints wurden eingerichtet, um Autos und Passanten nach Waffen zu durchsuchen.

Der kenianische Kommandant der UN-Truppen in Liberia, General Daniel Opande, appellierte am Freitag an die Konfliktparteien des afrikanischen Landes, sie sollten „ihre Kämpfer kontrollieren und sie von der Annahme des Waffenstillstandes überzeugen“.

Der Friedensvertrag von Accra ist die Leitlinie für das neue Liberia in der Zeit nach Charles Taylor. Am 14. Oktober soll das Präsidentenamt vom ehemaligen Taylor-Mitarbeiter Moses Blah in die Hände des designierten Übergangspräsidenten Gyude Bryant übergehen. Zurzeit liegt die wahre Macht in Liberia bei den Vertretern der Vereinten Nationen. Von einem gemeinsamen Komitee zur Überwachung des Friedensvertrages war denn auch der Beschluss zur waffenfreien Hauptstadt getroffen worden. Die Entscheidung zum Bann von Waffen war nach einem Scharmützel Anfang Oktober getroffen worden, bei dem bei Schießereien zwischen Lurd-Rebellen und Anhängern der Alt-Regierung von Taylor neun Menschen ums Leben gekommen und 15 verletzt worden waren.

Indes versuchen humanitäre Organisationen unter dem Schutz der UN-Blauhelme eine Normalisierung des Lebens in Liberia zu erreichen. Das Kinderhilfswerk Unicef bereitet eine Wiedereröffnung der Schulen für Anfang November vor. Ein Schulprogramm für 750 000 bis eine Million Schüler soll aufgelegt werden, noch sind zahlreiche Schulen allerdings mit Vertriebenen belegt. Man sei dabei, 3000 liberianische Lehrer auszubilden, sagte Rina Salah, die Unicef-Direktorin für Westafrika. Außerdem will Unicef 10 000 Kindersoldaten umerziehen. Der UN-Sonderbeauftragte für Liberia, Jacques Klein, schätzt die Wiederaufbaukosten für Liberia auf 280 Millionen Dollar. Nach Jahren des Bürgerkrieges, der 1989 begann und sich mit Pausen bis heute hinzog, ist die Ökonomie des kleinen Staates ruiniert.

Noch sind weite Teile Liberias aber in der Hand von Milizen und liegen außerhalb der Kontrolle der UN-Truppen. Zwar hatte der Weltsicherheitsrat eine Stärke von bis zu 15 000 Blauhelmen für Liberia zugesagt, doch bislang sind nur 3500 vorwiegend afrikanische Friedenssoldaten vor Ort. Zu den Staaten, die eine Entsendung nach Liberia prüfen, gehört auch Irland, das 430 Soldaten schicken könnte, falls das Parlament zustimmt.

Um den mit 50 Getreuen im Exil in Nigeria weilenden Taylor ist es nach Darstellung von Beobachtern ruhig geworden. Nachdem publik wurde, dass Taylor täglich noch zwei bis drei Telefonate mit Anhängern in Liberia führt, hatte Nigerias Regierung eine Warnung an ihn erlassen. Eine Bedingung für das Exil für den als Kriegsverbrecher gesuchten Taylor ist ein Verbot der Kommunikation mit Politikern in Liberia. „Wir werden keine Verletzung dieser Bedingung dulden“, erklärte die Regierung von Olusegun Obasanjo. Der Verband der afrikanischen Anwälte in Lagos erklärte, dass er ein Verfahren zur Ausweisung von Taylor anstrebe. Man sei entschlossen, Taylor verhaften zu lassen und dem UN-Sondergericht für Kriegsverbrechen in Sierra Leone zuzuführen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false