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Politik: Der letzte Bürgerrechtler will bei den Grünen was werden - nur was?

Ist Werner Schulz wirklich aufgetaucht, um eine Zwischenbilanz der Vereinigung zu ziehen? Liegen dem Leipziger Bundestagsabgeordneten zehn Jahre nach dem Mauerfall nur lobende Worte auf der Zunge?

Von Matthias Meisner

Ist Werner Schulz wirklich aufgetaucht, um eine Zwischenbilanz der Vereinigung zu ziehen? Liegen dem Leipziger Bundestagsabgeordneten zehn Jahre nach dem Mauerfall nur lobende Worte auf der Zunge? Einige der Sätze könnten auch von CDU-Generalsekretärin Angela Merkel kommen: "Der Aufbau Ost ist eine Erfolgsgeschichte durch und durch." Oder: "Es gibt keinen Grund, dass die Nation schlechte Laune hat."

Dann aber kommt Werner Schulz zur Sache. Er sagt, dass der Dialog zwischen Ost und West belebt werden müsse. Und ist so ganz rasch bei der eigenen Partei.

Nach der Serie von Niederlagen der Bündnisgrünen, vor allem im Osten, meldet sich Schulz zurück. In den vergangenen Wochen, als die Bündnisgrünen in Ost-Land für Ost-Land ihr Schicksal besiegelt haben, ist er schweigsam gewesen. Jetzt sagt er: "Dass grün die Hoffnung ist, muss im Osten erst noch bewiesen werden." Er beklagt die reservierte Haltung der West-Grünen zur deutschen Einheit. Und warnt: "Die Bündnisgrünen sind eine gesamtdeutsche Partei oder in ihrer Existenz gefährdet."

Dass Werner Schulz noch einmal zum Comeback ansetzen könnte, ist eine ganze Weile überhaupt nicht sicher gewesen. Vier Jahre lang, von 1990 bis 1994 hat er die Gruppe der Bündnis-90-Abgeordneten im Bundestag geführt - die West-Grünen waren aus dem Parlament geflogen. Vier weitere Jahre, von 1994 bis 1998, hat er als Parlamentsgeschäftsführer der grünen Bundestagsfraktion gerackert.

Seitdem saß der inzwischen letzte Bürgerrechtler der Bundestagsfraktion im Schmollwinkel. Im Kampf um den Fraktionsvorsitz unterlag er Rezzo Schlauch, Intimus von Joschka Fischer. Die neue Fraktion ernannte ihn zum wirtschaftspolitischen Sprecher, die Politik machten andere.

Wendet sich das Blatt für Schulz jetzt wirklich? Der heimliche Parteichef Joschka Fischer hat das Politik-Talent für das neu zu schaffende Amt eines Generalsekretärs der Grünen ins Gespräch gebracht. Lange haben die beiden am Rande einer Plenarsitzung geredet - doch wirklich ernst gemeint? Schulz weicht der Frage mit Ironie aus: "Ich bin sehr verblüfft, dass mir der Titel des verblichenen Erich Honecker angetragen wurde."

Die Strukturkommission der Partei hat den Generalsekretärs-Posten nicht vorgesehen. Wie viele andere auch lässt Schulz durchblicken, dass ihm die bisher vorliegenden Vorschläge zur Strukturreform der Grünen nicht weit genug gehen.

Keine Frage, reden wie ein Generalsekretär kann Werner Schulz zweifellos. Noch einmal bietet er an, für den Erfolg von Rot-Grün im Bund zu kämpfen: "Der Schlüssel für unser Weiterbestehen liegt im Erfolg dieser Koalition." Mit "fröhlicher Opposition" sei nichts zu retten, sagt er auf die Frage nach dem Koalitionsbruch im Bund. Inhaltlich attraktiver müssten die Grünen werden, beim Jungwähler wieder ankommen: Die Partei der nachwachsenden Rohstoffe sei noch lange nicht die Partei der nachwachsenden Generationen.

Alles schön gesagt. Doch bekommt Schulz wirklich wieder Einfluss und Macht? Oder bleibt er nur einer im vielstimmigen Chor? Kein Talent ohne Schwächen: Die Stärke von Werner Schulz ist es nie gewesen, Mehrheiten für sich zu organisieren.

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