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Politik: Der Mann aus der Vorzeigeprovinz

Er ist ein Caudillo, wie er im Buche steht: Autoritär, schlitzohrig und mit allen Wassern gewaschen. Bis zu den Neuwahlen am 3.

Er ist ein Caudillo, wie er im Buche steht: Autoritär, schlitzohrig und mit allen Wassern gewaschen. Bis zu den Neuwahlen am 3. März wird der Peronist Adolfo Rodriguez Saa Argentinien regieren. Nach einer stürmischen Sitzung ernannte Argentiniens Kongress den Gouverneur der Provinz San Luis am Wochenende zum neuen Präsidenten des Landes. Rodriguez Saa übernimmt den wohl schwierigsten Job, der zurzeit zu vergeben ist: Er muss den bevorstehenden Staatsbankrott abwickeln, die Armut im Land bekämpfen, die Wirtschaft ankurbeln und den internationalen Anlegern wieder Vertrauen einflößen. Das alles möglichst gleichzeitig, bei leeren Kassen und unter den argwöhnischen Blicken der Opposition und der peronistischen Führung, die sich jetzt für den Wahlkampf positionieren.

Aktuell Newsticker: Schlagzeilen aus aller Welt Newsticker: Politik In seiner Heimatprovinz hat Rodriguez Saa bewiesen, dass er das Regieren versteht: Er ist seit fast 17 Jahren an der Macht und wurde dreimal wiedergewählt, jedes Mal mit über 50 Prozent der Stimmen. Auch Kritiker räumen ein, dass der wirtschaftliche Aufschwung der Armutsprovinz San Luis vor allem dem Geschick des Gouverneurs und seines Clans zu verdanken ist. "Wenn eine Ameise San Luis durchqueren will, muss sie ein Fresspaket mitnehmen", hieß es früher über die dünn besiedelte Region im Herzen des Landes. Heute ist San Luis eine der Vorzeigeprovinzen. Rodriguez Saa investierte in den Aufbau einer funktionierenden Infrastruktur und förderte die Bauwirtschaft. Die Arbeitslosigkeit beträgt nur sieben Prozent, im Rest des Landes sind 18,3 Prozent ohne Erwerb. Zugleich erwirtschaftete der Gouverneur einen Haushaltsüberschuss von 60 Millionen Dollar jährlich, 500 Millionen liegen als Reserve bei New Yorker Banken.

Rodriguez Saa entstammt einer der alten Familiendynastien, die viele argentinische Provinzen seit Ende des 19. Jahrhunderts beherrschen. Mit den pseudosozialistischen Ideen des Generals Juan Domingo Peron hatten die Saas ursprünglich nichts im Sinn. Adolfo Rodriguez Saa begründete als junger Mann die konservative Zeitschrift "La Voz de San Luis", die sich gegen den Peronismus richtete. Erst in den sechziger Jahren trat er den "Justizialisten" bei, wie die Partei der Peronisten offiziell heißt. 1973 wurde er als Abgeordneter in das Provinzparlament gewählt, nach dem Ende der Militärdiktatur wurde er Gouverneur.

So erstaunlich wie seine politische Karriere ist auch die Vermehrung seines Vermögens: Bei Amtsantritt 1983 besaß er nur ein Haus, das mit einer Hypothek belastet war. Heute gehören ihm angeblich über 20 Immobilien, sein Vermögen wird auf 22 Millionen Dollar geschätzt. Korruptionsvorwürfe kontert er mit einem eingefrorenen Lächeln und dem immer gleichen Argument: "Meine Gegner erfinden die Lügen, weil sie auf den Erfolg von San Luis neidisch sind." Auch einen Sexskandal überstand der Caudillo ohne Blessuren: Im Jahr 1993 hieß es, er sei entführt und "missbraucht" worden. Seine Gegner vermuten, dass Rodriguez Saa die Geschichte erfand, um Enthüllungen einer Ex-Sekretärin und Geliebten zuvorzukommen, die ihn erpressen wollte. Die Dame sitzt seit 1995 im Gefängnis. Rodriguez Saa wechselt seine Mitarbeiter oft, um keinem das Gefühl von Sicherheit zu vermitteln. Mehrmals hat er die Präsidentschaft angestrebt, zuletzt scheiterte er an Carlos Menem.

Horst Hermann

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