zum Hauptinhalt

Politik: Der Mann für die Krisen

Jürgen Chrobog gilt als diskreter Diplomat

Berlin. Der Krisenmanager im Auswärtigen Amt fällt nicht auf, er pflegt diplomatische Tugenden. Stets diskret und immer genau – diese Eigenschaften zeichnen Staatssekretär Jürgen Chrobog aus. Der 63 Jahre alte Spitzendiplomat leitete den Krisenstab zur Befreiung der in der Sahara verschleppten Abenteuer-Urlauber. Monatelang war Chrobog fast ausschließlich mit dem Geiseldrama beschäftigt. Seit Mai schob er wegen der Geiselkrise seinen Urlaub vor sich her.

Chrobog ist der Mann für stille Missionen. Und diese Mission war still. Die Informationen kamen spärlich, das Verhalten der deutschen Behörden kam einer Nachrichtensperre gleich. Lediglich an Chrobogs Reisen war die Entwicklung abzulesen – denn Staatssekretäre reisen überhaupt nur in besonderen Fällen. Chrobog sprach mit den Präsidenten Algeriens und Malis. Er traf sich mehrmals auch mit den vom monatelangen Warten zermürbten Angehörigen der Geiseln und setzte sich für einen der Verschleppten persönlich beim Arbeitsamt ein. Der Unterhändler holte außerdem die erste befreite Geiselgruppe Mitte Mai aus Algier ab.

Chrobog gilt im Auswärtigen Amt als der Mann für schwere Fälle. Nach den Terroranschlägen vom 11. September reiste er nach Pakistan, um sich von dort aus für die Befreiung der Shelter-now-Entwicklungshelfer aus der Haft in den Taliban-Gefängnissen in Afghanistan einzusetzen.

Der am 28. Februar 1940 in Berlin geborene Chrobog begann seine Diplomaten-Karriere vor 30 Jahren, im Jahr 1972. Die deutsche UN-Vertretung in New York, die EU in Brüssel und Singapur gehörten zu seinen Auslandsstationen. In Bonner Regierungszeiten war der Jurist Chrobog von 1984 bis 1991 Leiter der Presseabteilung und Sprecher des Auswärtigen Amts. Danach wurde er als Politischer Direktor zu einem der engsten Berater von Bundesaußenminister Hans- Dietrich Genscher und auch von dessen Nachfolger Klaus Kinkel, beide FDP. 1995 wurde Chrobog Botschafter in Washington. Sechs Jahre lang agierte er auf dem wohl wichtigsten deutschen Botschafterposten, bevor er Anfang Juli 2001 Staatssekretär unter dem grünen Außenminister Joschka Fischer in Berlin wurde.

Chrobog ist einer von zwei Staatssekretären im Außenamt. Als einer der obersten Beamten im AA genießt Chrobog das Vertrauen seines Chefs. Er gilt als unbedingt loyal. Nur einmal drohte sein sauberes Image Schaden zu nehmen. Im Mai 2001 – kurz vor seiner Beförderung zum Staatssekretär – machte die Protokoll-Affäre Schlagzeilen. Durch eine Indiskretion wurde ein Bericht Chrobogs über ein vertrauliches Gespräch von Gerhard Schröder und George W. Bush beim Antrittsbesuch des Kanzlers beim US-Präsidenten öffentlich. Darin ging es um Libyens Verwicklung in Terrorakte, auch Bemerkungen über nicht anwesende Politiker waren darin vermerkt. Doch Fischer stärkte Chrobog den Rücken. )

Dorothea Hülsmeier (dpa

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false