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Politik: Der Osten will selbst entscheiden

Aufbau-Minister Stolpe hat vor, nur noch Wachstumsregionen zu fördern. Die Länder lehnen das ab

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Die Bundesregierung streitet erneut mit den ostdeutschen Bundesländern über die Fördermittel der Gemeinschaftsaufgabe (GA) für Infrastruktur- und Unternehmensinvestitionen. Nachdem Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) im Sommer kurzfristig die Gewährung neuer Fördermittel begrenzt hatte, geht es jetzt um den Einsatz der Investitionshilfen von rund 700 Millionen Euro im Jahr. Während Aufbau-Ost-Minister Manfred Stolpe (SPD) die GA-Mittel in Zukunft auf Wachstumsregionen konzentrieren will, lehnen die Ost-Länder dies ab und beharren darauf, selbst über die Verwendung des Geldes zu entscheiden. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe der ostdeutschen Wirtschaftsministerien mit dem Bundesministerium ging am Freitagabend im Dissens auseinander. „Die Bundesländer werden einem Politikwechsel nicht zustimmen“, berichtete ein Teilnehmer des Treffens.

Einen solchen Wechsel in der Förderpolitik hatte Aufbau-Minister Stolpe vorgeschlagen, um die Mittel des Solidarpaktes II, der von 2005 an gilt, zielgenauer zur Unterstützung von Unternehmen in ostdeutschen Wachstumsregionen einsetzen zu können. Vorausgegangen war Stolpes Vorschlag die Erkenntnis, dass die Bundesländer insbesondere die GA-Mittel des Bundes zur Unterstützung der Wirtschaft häufig ineffektiv einsetzen. In einer gemeinsamen Arbeitsgruppe wollte Stolpe mit den Ost-Ländern in den vergangenen Wochen Regionen und Branchen definieren, auf die die Investitionshilfen ab 2005 konzentriert werden. Die Länder weigern sich allerdings, Stolpes Pläne einer Neuausrichtung des Aufbaus Ost mitzutragen, weil sie ihren eigenen Spielraum bei der regionalen Wirtschaftsförderung in Gefahr sehen. Außerdem fürchten sie Neiddiskussionen innerhalb der Regionen, wenn künftig Investoren etwa in Leipzig, Dresden oder Jena Finanzhilfen erhalten und wirtschaftlich rückständigeren Regionen solche Unterstützung versagt werden muss.

Nachdem die Fachministerien mit Stolpes Haus am Ende dieser Woche zu keiner Einigung gekommen sind, soll nun voraussichtlich im Dezember ein Spitzentreffen der Bundesregierung mit den ostdeutschen Länderchefs eine Lösung bringen. Dabei wird es voraussichtlich auch um einen weiteren seit langem schwelenden Konflikt des Bundes mit den Ost-Ländern gehen – nämlich die Konkretisierung der Fördermittel des Bundes aus dem Solidarpakt II. Denn noch immer ist unklar, wie der Bund die so genannten Korb-II-Gelder (rund 51 Milliarden Euro) in den nächsten Jahren verteilen will. Während die Länder darauf verweisen, dass sie Planungssicherheit brauchen, lehnt der Bund eine Aussage dazu bislang ab und verweist auf die so genannten Fortschrittsberichte, die die Länder jährlich vorlegen und die zu dem Ergebnis kommen, dass sie die Solidarpaktmittel zu immer größeren Teilen zweckentfremdet einsetzen.

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