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Politik: Der Pate mit sieben Leben ist wieder da - und wie (Kommentar)

Er hat den Landesparteitag beherrscht, 91 Prozent der Stimmen erhalten, kurz: Er ist wieder obenauf. Jürgen Wilhelm Möllemann, der umtriebige Mann, der von der Politik nicht lassen kann.

Er hat den Landesparteitag beherrscht, 91 Prozent der Stimmen erhalten, kurz: Er ist wieder obenauf. Jürgen Wilhelm Möllemann, der umtriebige Mann, der von der Politik nicht lassen kann.

Nordrhein-Westfalen ist nicht irgendein Landesverband, in keiner Partei. In der FDP aber erst recht nicht. Hier wurde die erste sozial-liberale Koalition im Bund vorbereitet, Mitte der sechziger Jahre, nachdem aus dem Plan Wolfgang Dörings, die FDP zur Volkspartei zu formen, nichts geworden war. Es kam in den Siebzigern die große Zeit mit Walter Scheel, Willi Weyer, Horst-Ludwig Riemer, Hans-Dietrich Genscher, Gerhart Baum, Burkhard Hirsch - und irgendwie auch Möllemann. In den achtziger Jahren die Wende. 1983 löste Möllemann Hirsch ab, amtierte elf Jahre, wurde abgelöst, löste seinen Nachfolger nach nur einem Jahr ab. Auf und nieder. Und jetzt kommt die FDP wieder: mit Möllemann. In Umfragen liegt die NRW-Partei inzwischen stabil bei acht Prozent. Damit zöge sie wieder in den Landtag ein. Dank Möllemann. (Und dank Kohl.)

Die Idee einer Chipkarte für Einkaufswagen, die er seinerzeit unfein unterstützte, hat ihn vor Jahren den Bundesminister-Posten und Vizekanzler-Titel gekostet; heute wirkt dieser Vorfall aus mehrerlei Sicht anachronistisch. Schwarze Kassen würde man ihm ja vielleicht zutrauen, weil man ihm vieles zutraut. Nur ist Möllemann dafür zu clever. Er hat sich nicht geändert - aber er hat gelernt: Anfangs der Not gehorchend, hat Möllemann sich in den Dienst der Partei gestellt, erst in NRW, seit geraumer Zeit auch im Bund. Jetzt schießt er nicht mehr ständig quer. Das wirkt schon fast seriös. Und das war es, was ihm immer gefehlt hat, um richtig gefährlich zu werden.

In der FDP merken es alle. Wie haben sie auf ihn geschimpft! Jetzt, auf dem Parteitag in Essen, waren alle da. Kein Rede mehr vom "intriganten Schwein" - Irmgard Schwaetzer hat sich sogar zur Landesschatzmeisterin unter Möllemann, dem political animal, dem political beast, wählen lassen. Otto Graf Lambsdorff, Hans-Dietrich Genscher, Klaus Kinkel, die da auf dem Podium saßen, plötzlich wird deutlich, dass sie alle Möllemann etwas verdanken: Lambsdorff wurde nur durch Möllemanns massive Wahlkampagne in der FDP als Parteichef rehabilitiert, Genscher brauchte für seine Außenpolitik Möllemann als "Minenhund", Klaus Kinkel wurde nur nach Möllemanns harter Einflussnahme zum Außenminister nominiert.

Möllemann: der kleine Pate mit den sieben Leben. Da ist er wieder. Und Nordrhein-Westfalen ist nicht irgendein Landesverband. Von hier gehen Wenden aus. Wolfgang Gerhardt, der umstrittene Bundesvorsitzende, hat Möllemann übrigens auch die Ehre gegeben.

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