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Politik: Der Pazifist

Er hat aus seiner Tradition heraus klar "Nein" gesagt. Nach der Abstimmung im Bundestag will Winfried Hermann keinen Zweifel daran aufkommen lassen: Er hat die Vertrauensfrage mit "Nein" beantwortet.

Er hat aus seiner Tradition heraus klar "Nein" gesagt. Nach der Abstimmung im Bundestag will Winfried Hermann keinen Zweifel daran aufkommen lassen: Er hat die Vertrauensfrage mit "Nein" beantwortet. Er hat "erhebliche Einwände" gegen den Bundeswehreinsatz gehabt, "sein Gewissen" hat ihm keine Wahl gelassen. Doch wie er da so steht, neben seiner Parteikollegin Monika Koche und in die Fernsehkamera spricht, ist Hermann doch ein wenig blass um die Nase. Kein Wunder, dem erklärten Pazifisten und ehemaligen Kriegsdienstverweigerer weht schon seit mehreren Wochen ein harter Wind ins Gesicht.

Zum Thema Online Spezial: Terror und die Folgen Schwerpunkt: Deutschland und der Krieg Fotostrecke: Krieg in Afghanistan Dabei galt der 49-jährige Hermann, geboren im beschaulichen Rottenburg am Neckar, lange Zeit sogar als Integrationsfigur in der eher streitfreudigen Grünen-Partei. Ein sanfter Realo soll er gewesen sein. Seit dem 11. September hat sich diese Auffassung allerdings gründlich gewandelt, denn zusammen mit seinen Kollegen Christian Ströbele und Annelie Buntenbach hat sich Hermann schon kurz nach den Angriffen auf New York gegen eine "Antwort mit militärischen Mitteln" auf den Terrorismus ausgesprochen. Mit der Weigerung, den USA bedingunslos zur Seite zu stehen, hat sich der ehemalige Landesvorsitzende seiner Partei in Baden-Württemberg in der Fraktion ziemlich isoliert, und das weiß er auch. Trotzdem will der Mann mit der hohen Stirn und den tiefen Denkfalten nicht von seinem Weg abweichen, sondern die uneingeschränkte Solidarität mit den USA und die Bereitschaft zum Militäreinsatz der Bundeswehr weiter kritisieren: "Ich schreie auch deswegen so laut auf, um deutlich zu machen, es gibt bei den Grünen auch welche, die eine kritische Position haben - übrigens auch zu der Position von Schröder, die er in seiner Regierungserklärung verkündet hat, dass die Nachkriegszeit vorbei ist und Deutschland jetzt eine neue Weltmachtrolle übernehmen soll", sagt Hermann.

Vielleicht hat sich der Politiker, der sich im Bundestag außerdem besonders mit Umwelt- und Sportfragen beschäftigt, mit seiner Entscheidung um die Chance gebracht, im Jahr 2002 ein zweites Mal in den Bundestag einzuziehen. Denn wegen der Verkleinerung des Bundestages sind auch in Baden-Württemberg die sicheren Listenplätze weniger geworden. Und so konkurriert er mit populären Realpolitikern wie Fritz Kuhn, Oswald Metzger, Rezzo Schlauch und Cem Özdemir um eine aussichtsreiche Nominierung. Die sind zusätzlich zur Konkurrenzsituation aber nach der Debatte über die Vertrauensfrage gar nicht gut auf ihren Kollegen zu sprechen. Ob der Gymnasiallehrer Hermann nun zurück an die Schule muss? Bei der grünen Basis hat der Pazifist und Vater einer fünf Monate alten Tocher offenbar bessere Karten. Dort sind viele gegen den Krieg und erschüttert von der Politik der Bundestagsfraktion. Die sind Hermann dankbar für seine Standhaftigkeit.

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