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Politik: Der Poltergeist

Im unionsinternen Streit spielt auf CSU-Seite Regierungschef Beckstein den Unversöhnlichen – was Parteichef Hubers Konzept stört

Von Robert Birnbaum

Berlin - Normalerweise ist Günther Beckstein ein verbindlicher Mensch, doch der bayerische Ministerpräsident kann schon auch grob werden. Normalerweise wird er dann gleich wieder verbindlich. Diesmal nicht. „Wir glauben nicht, dass wir von Merkels Gnaden einen Wahlsieg haben werden“, hatte Beckstein Anfang der Woche gewütet, nachdem die CSU bei der Kanzlerin und CDU-Chefin in der gemeinsamen Präsidiensitzung in Erding beim Thema Pendlerpauschale auf Granit gebissen hatte. Ende der Woche legte er nach. „Verlassen Sie sich darauf, dass wir unseren Standpunkt gegenüber der CDU auch in Zukunft mit aller Massivität vertreten werden“, zitiert das Magazin „Focus“ den Regierungschef, „und uns weder der Kanzlerin noch ihrer Partei unterwerfen werden.“

Wer das als Kampfansage an Merkel liest, liegt durchaus richtig. Aber die Kanzlerin ist nicht die Einzige, die sich provoziert fühlen darf. Die Watsche trifft zugleich den CSU-Vorsitzenden Erwin Huber. Huber fand schon Becksteins erste Grobheit während der Erdinger Tagung taktisch falsch. „Das hat die CDU-Seite bloß mit Merkel zusammengeschweißt“, sagt ein Christsozialer aus dem Huber-Lager, der bei der Präsidienklausur dabei war und auch erlebt hat, wie Merkel auf Becksteins öffentliche Grobheit intern ihrerseits grob reagierte.

Das brachte Hubers Kalkül durcheinander, der hofft, die CDU als Verbündete gegen die eigene Spar-Kanzlerin zu gewinnen. Entsprechend ungehalten war er über das Vorpreschen seines Kompagnons auf dem CSU-Tandem. Zur Rede gestellt hat er ihn aber nicht, nur intern gegrummelt – und ist im Übrigen direkt nach der Erdinger Tagung nach Stuttgart gereist. Dort hat er die Fraktionsvorsitzendenkonferenz der Union agitiert, die denn auch – vom Unmut der eigenen Basis über unaufhaltsam steigende Benzinpreise zusätzlich getrieben – prompt Unionsfraktionschef Volker Kauder einheizte. Direkte Attacken auf Merkel vermeidet Huber auch weiter. Er spendierte am Wochenende sogar – vergiftetes – Lob: „Die Bundeskanzlerin will den Erfolg der CSU“, zitiert ihn die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“, denn vom CSU-Sieg bei der Landtagswahl hänge auch ihr eigener Erfolg 2009 ab.

Dass Huber Becksteins Polterei auch in der Neuauflage störend findet, steht außer Frage, zumal CSUler versichern, dass es sich eben nicht um ein abgesprochenes Spiel mit verteilten Rollen handelt. Um was aber dann? „Beckstein ist eben so“, sagt ein Christdemokrat. „Der schärft sein Profil gerne mal schräg zur Linie.“ Es gibt in München aber noch eine andere, für Hubers Zukunft weit weniger harmlose Erklärung zu hören. Sie beruht auf der Beobachtung, dass sich Beckstein jetzt zum wiederholten Male gegen Huber als einer profiliere, der ausspricht, was alle denken. Was umso mehr auffalle, als die Rollenverteilung doch eigentlich genau umgekehrt sein müsse: Der Landesvater als milder Integrator – und der Parteichef als Kämpfer. Augenscheinlich findet Beckstein, dass er beides kann.

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