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Politik: Der RAF-Anwalt im Untergrund

Ein Foto hat Klaus Croissant schlagartig bekannt gemacht. Zu sehen ist der greise Jean-Paul Sartre in einem Auto auf dem Weg nach Stammheim.

Von Hans Monath

Ein Foto hat Klaus Croissant schlagartig bekannt gemacht. Zu sehen ist der greise Jean-Paul Sartre in einem Auto auf dem Weg nach Stammheim. Der Philosoph der Freiheit besuchte im Stuttgarter Hochsicherheitstrakt während eines Hungerstreiks der Gefangenen der Roten Armee Fraktion (RAF) 1974 Andreas Baader. Neben Sartre saß Klaus Croissant, der Baader als Rechtsanwalt vertrat. Sartres Besuch war ein Coup und wurde prompt als Parteinahme für die gewaltbereite Stadtguerilla gewertet. Im Gegensatz zu anderen linken Intellektuellen, die zu diesem Zeitpunkt längst über die Legitimität der Gewalt stritten, wandte sich der Anwalt nicht dem Parlamentarismus zu. Klaus Croissant wählte einen anderen Weg.

Der Stuttgarter Rechtsanwalt arbeitete in den 70er Jahren als Strafverteidiger für Baader und Ulrike Meinhoff. Während andere RAF-Anwälte, etwa Otto Schily, als Juristen ätzende Kritik an der Praxis der Strafverfolgung übten, aber immer Distanz zu den Taten ihrer Mandanten hielten, machte sich Croissant deren Überzeugungen zu eigen. Seine Stuttgarter Kanzlei wurde zum RAF-Rekrutierungsbüro. Croissant tauchte schließlich selbst in den Untergrund ab, wurde in Frankreich gefasst und 1979 vom Landgericht Stuttgart wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung zu einer zweieinhalbjährigen Freiheitsstrafe und einem vierjährigen Berufsverbot verurteilt.

Nachdem Croissant 1985 seine Anwaltszulassung zurückbekommen hatte, stieg er in die Kanzlei des Grünen-Politikers Hans-Christian Ströbele ein, der auch RAF-Anwalt gewesen und ebenfalls als Unterstützer verurteilt worden war. Für die Alternative Liste (AL) saß Croissant im Kreuzberger Bezirksparlament, 1990 wechselte er zur PDS. Nach der Wende wurde bekannt, dass Croissant für die Stasi jahrelang die westdeutsche Linke ausspioniert hatte. Die Stasi, die ihn unter dem Decknamen "Taler" führte, war für ihn offenbar ein Verbündeter im Kampf um eine vermeintlich bessere Gesellschaft. 1993 wurde Croissant deshalb vom Landgericht Berlin zu einer Bewährungsstrafe von 21 Monaten verurteilt. Das Gericht hielt ihm zugute, es sei für die Bundesrepublik kein "messbarer Schaden entstanden". Am Mittwoch starb Croissant im Alter von 71 Jahren in Berlin.

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