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Politik: Der Rahmen steht, nun muß ihn die Politik mit Inhalt füllen

Nun haben wieder einmal alle gesiegt. Aber die durchweg gelassenen Reaktionen der Länder auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Länderfinanzausgleich täuschen - zumindestens die Öffentlichkeit, vielleicht auch die Beobachter selbst.

Nun haben wieder einmal alle gesiegt. Aber die durchweg gelassenen Reaktionen der Länder auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Länderfinanzausgleich täuschen - zumindestens die Öffentlichkeit, vielleicht auch die Beobachter selbst. Ob das Gericht Klägern oder Beklagten wirklich Recht gegeben hat, ist durchaus offen. Das wichtigste Element dieses Urteils ist die Frist, die es Bund und Ländern gesetzt hat. Es setzt die Partner dieses komplizierten Systems entschieden unter Handlungsdruck. Bis Ende 2002 müssen sie die Grundsätze einer neuen Ausgleichsregelung festlegen, bis Ende 2004 muss das Gesetz stehen - und wie ernst diese Forderung gemeint ist, geht daraus hervor, dass die Drohung, mit der dieser Auftrag bewehrt ist, nämlich der Verfall der gegenwärtigen Regelung, auch schon in zwei Jahren greift.

Da hat ein Gericht gesprochen, dass durch Erfahrung klüger geworden ist. Denn dass Bund und Länder die längst klapprig gewordene Mechanik des Gebens und Nehmens unter Ländern und Bund gründlich überarbeiten, ja, neu justieren müssen, wissen alle und wissen es seit langem; das Gericht hat ihnen eine solche Remedur bei seinen vorhergehenden Urteilen zur Aufgabe gemacht. Nur gefolgt ist daraus wenig. Es blieb allemal bei Reparaturen, mit Mühe und Not unter Druck zustande gekommen, in Gestalt von mehr oder minder handgefertigten, angestrengten Kompromissen, zumeist zu Lasten des Bundes. Mit seinem Urteil fordert das Verfassungsgericht die gründliche Runderneuerung des Finanzausgleichs ein, die Bund und Länder bis jetzt schuldig geblieben sind.

Allerdings schiebt das Gericht das Problemknäuel, das die Länder ihm zur Be-Urteilung offeriert haben, nicht einfach zurück. Es versieht die Aufforderung unmissverständlich mit entschiedenen Direktiven und Maßgaben. Sie enthalten ein ganzes Bündel von Botschaften an die Finanzexperten, deren Weiterungen noch kaum absehbar sind. Aber sicher ist, dass sie gewichtige, zumeist schmerzliche Konsequenzen haben werden. Dass bislang nur das Saarland aufgestöhnt hat, besagt wenig. Auch der Beifall, der im hessischen Landtag aufbrandete, mag voreilig sein. Doch können sich die "reichen" Länder - zu denen Hessen gehört - noch am ehesten Vorteile ausrechnen, weil die Grenze, bis zu der die Finanzen der Nehmer-Länder angehoben werden können, geringer bemessen werden muss.

Ingesamt aber drängt das Verfassungsgericht mit seinem Urteil darauf, den Finanzausgleich zu entrümpeln und in seinem Volumen zu reduzieren. Alle die Sonderlasten und Sonder-Ausgleiche, sei es für die Seehäfen, sei es für politische Zuweisungen, die in den vergangenen Jahrzehnten gewachsen sind, müssen auf den Prüfstand - mit der Tendenz, sie abzubauen. Selbst die Vorteile der Stadtstaaten stehen nicht außerhalb der Debatte, obwohl deren Besserstellung - Berlin, jetzt freue dich! - dem Grundsatz nach als gerechtfertigt gilt. Vor allem aber sollen die Zahlungen des Bundes in den Länderfinanzausgleich, die sogenannten "Bundesergänzungszuweisungen", zurückgeführt werden - auf jene korrigierende, also ergänzende Rolle, die ihnen den Namen gegeben hat. Ihr Anwachsen sei, so haben die Richter befunden, nur mit der Wiedervereinigung zu rechtfertigen gewesen.

Urteile schließen im allgemeinen Streitigkeiten ab. Dieses leitet sie ein, ja, fordert sie heraus. Und die Richter lassen keinen Zweifel daran, dass sie Bund und Länder diesmal nicht erlauben wollen, sich dieser Auseinandersetzung zu entziehen.

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