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Politik: Der rote Riese und das Inselreich

Welche Rolle China für Kubas Zukunft spielt

Von Michael Schmidt

Berlin - Fidel Castro gibt seine Macht ab. Mindestens vorübergehend. Und was fängt China mit der neuen Situation an? Das Riesenreich ist der andere große Übriggebliebene nach dem Zusammenbruch des Kommunismus am Ende des Kalten Krieges. Wird der rote Drache seinen Einfluss geltend machen wollen, wenn es um eine mögliche Neuordnung des kubanischen Inselsozialismus geht? Fidel-Nachfolger Raul Castro wird eine gewisse Nähe zu den chinesischen Kommunisten nachgesagt. Die haben in den vergangenen Jahren ihr Land für das kapitalistische Wirtschaftssystem geöffnet – halten die Bevölkerung aber weiter in politischer Unfreiheit. Ein Modell für Kuba?

Eher nicht, vermutet Günther Maihold von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. Die Kubaner, sagt der Lateinamerikaexperte, fürchteten, schon bei einer engeren Kooperation mit China mächtig unter Druck zu geraten: „Und zwar nicht nur mit Blick auf die USA, die das nicht gutheißen würden, sondern auch, weil man um Chinas zuweilen recht robuste Methoden im Umgang mit Handelspartnern weiß.“

Chinas Interesse an Lateinamerika ist in den vergangen Jahren deutlich gewachsen. Der Südkontinent verfügt über jene Rohstoffe, die das aufstrebende Reich der Mitte für seine boomende Wirtschaft benötigt. China seinerseits hat jenes Kapital, das Lateinamerika braucht, um wirtschaftlich auf die Beine zu kommen. Die Kooperation funktioniert. Mit keiner anderen Weltregion verbucht Lateinamerika im Handel höhere Wachstumsraten. Das Volumen des Außenhandels mit China wuchs von 2,4 Milliarden US-Dollar 1991 auf 40 Milliarden im Jahre 2004. Aber: Der Anstieg konzentriert sich auf wenige Länder – Kuba gehört nicht dazu.

Was China sucht, sagt Eberhard Sandschneider von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), sind Ressourcen, Energie, Einfluss. „Kuba hat da nicht viel zu bieten“, so das Urteil des DGAP-Experten. „China ist aus Kubas Sicht kein Ersatz für die Sowjetunion“, pflichtet Bert Hoffmann vom Hamburger Institut für Iberoamerika-Kunde ihm bei. Der asiatische Riese sei für den Inselstaat „kein Partner, der das Land über Wasser hält, wenn es drauf ankommt“. Weitaus bedeutender sei die Rolle, die Venezuela mit seinem Ölreichtum für den Bestand des Regimes in Havanna habe. China habe kein sehr ausgeprägtes, aber doch ein strategisches Interesse daran, dass auf Kuba das Einparteiensystem – wie in China – Bestand habe, und dass Havanna sich – wie Peking – weiterhin jegliche Einflussnahme von außen verbietet. „Das Prinzip der Nichteinmischung, die Verurteilung der Menschenrechte als ein Vehikel des Imperialismus: Das ist der gemeinsame Nenner beider Staaten“, sagt Hoffmann. Aber damit habe es denn auch sein Bewenden.

Kuba sei zu unbedeutend, und der Einfluss der USA in der Region zu dominant und auch von China akzeptiert, als dass mit dem Versuch einer Einflussnahme auf die politische Zukunft Kubas ernsthaft zu rechnen wäre. „China wird keine Truppen schicken oder irgendetwas dergleichen tun, das ist völlig ausgeschlossen“, ist Hoffmann sich sicher.

Bei Venezuela ist das anders. Chavez nämlich, der selbst ernannte Ziehsohn Fidel Castros, habe wirklich ein großes Problem, wenn Kuba politisch kippen sollte. Ob der im Falle eines Falles wie China nur zugucken würde, hält Hoffmann daher für mehr als zweifelhaft.

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