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Politik: Der Sherpa muss wohl vorerst bleiben

Berlin - Als er neu war in seinem Amt, soll es vorgekommen sein, dass Angela Merkels Gesprächspartner den freundlichen jungen Mann für eine Art Praktikanten im Kanzleramt gehalten haben. Das passiert Jens Weidmann nicht mehr.

Von Robert Birnbaum

Berlin - Als er neu war in seinem Amt, soll es vorgekommen sein, dass Angela Merkels Gesprächspartner den freundlichen jungen Mann für eine Art Praktikanten im Kanzleramt gehalten haben. Das passiert Jens Weidmann nicht mehr. Nach einer Weltfinanz-, etlichen Banken- und ein paar Opelkrisen gehört der 42-Jährige zu den zwei Handvoll zentralen Figuren im Hintergrund der deutschen Politik. Doch wieder einmal machen Spekulationen die Runde, Weidmann könnte den Job als Merkels „Sherpa“ für die Wirtschaftsgipfel demnächst aufgeben und dorthin zurückgehen, wo er 2006 hergekommen ist: zur Bundesbank nach Frankfurt.

Zuletzt gab der jähe Sturz des Thilo Sarrazin Anlass für derlei Mutmaßungen. Jetzt lässt das Ausscheiden von Bundesbank-Vize Franz-Christoph Zeitler die Temperatur in der Gerüchteküche steigen. Zeitlers Amtszeit endet im Mai, die Nachfolge liegt faktisch in der Hand der Bundesregierung. Dass Bundesbankchef Axel Weber den einstigen Abteilungsleiter Wirtschaft und Finanzen schätzt, steht außer Frage; überdies wohnt Weidmanns Frau nahe Frankfurt.

So erfreulich also die Perspektive für den Spitzenbeamten, so unerfreulich die Aussicht für Merkel. Die naturgemäß spärlichen Hinweise in der Personalie deuten darauf hin, dass die Kanzlerin den ebenso gescheiten wie bescheidenen Berater mindestens so lange nicht ziehen lässt, wie die Euro-Krise nicht halbwegs sicher überwunden ist. Das würde heißen, dass Zeitlers Stuhl bis mindestens Jahresende vakant bleiben müsste – ein keineswegs unübliches Verfahren.

Der jetzige Zeitpunkt dürfte aus Merkels Sicht auch deshalb ungünstig sein, weil ihr engster Beraterkreis ohnehin im Umbruch ist. Ulrich Wilhelm, der stets mehr war als bloß Regierungssprecher, hat gerade sein Büro als BR-Intendant in München bezogen; Nachfolger Steffen Seibert steckt in der Einarbeitungszeit. Dass der Europa-Experte Uwe Corsepius im Sommer nach Brüssel wechselt, hat Merkel vergangenes Jahr persönlich bei den EU-Kollegen durchgesetzt. Sie wusste, warum: Der 50-Jährige wird als Generalsekretär des EU-Ministerrats die zentrale Machtposition im Büro des Ratsvorsitzenden Herman Van Rompuy innehaben.

Wer dann sein neuer Partner im Kanzleramt wird, ist derzeit noch ebenso offen; so wie völlig unklar ist, wer gegebenenfalls Weidmann als Merkels Sherpa ersetzen könnte. Robert Birnbaum

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