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Politik: „Der Staat soll intervenieren“

Netzwerker Hans-Peter Bartels plädiert für eine neue Wirtschaftspolitik der SPD

Herr Bartels, Sie prangern in Ihrem Buch „VictoryKapitalismus. Wie eine Ideologie uns entmündigt“ eine entgrenzte Ökonomie an. Hat sich die SPD als Regierungspartei entmündigen lassen?

Wir müssen nach sechseinhalb Jahren rot-grüner Regierung in Bonn und Berlin feststellen, dass die Grenzen unserer Politik nicht allein durch die Unionsmehrheit im Bundesrat gezogen werden. Es gibt auch ein inakzeptables Diktat der Ökonomie. Wir dürfen uns nicht damit abfinden, dass die Wirtschaft zunehmend die politischen und gesellschaftlichen Bedingungen vorgibt. Wir dürfen uns von Wirtschaftsforschern und -verbänden nicht vorschreiben lassen, welche Erwartungen wir an die Wirtschaft richten können und welche nicht.

Trägt die SPD keine Mitverantwortung an der bisherigen Entwicklung?

Alle Parteien sind in den 90er Jahren einem Mainstream hinterhergelaufen, der unter dem Stichwort „Eigenverantwortung“ zentrale Vorgaben einer neokapitalistischen Mode übernommen hat.

Sie plädieren für einen neuen Staatsinterventionismus. Was haben wir uns darunter vorzustellen?

Der Staat darf sich nicht darauf beschränken, der Wirtschaft Rahmenbedingungen zu setzen. Er kann und darf Akteur sein, er soll mit der Wirtschaft kooperieren und sogar intervenieren, wenn dies zum Nutzen der Gesellschaft notwendig erscheint. Die absolute Trennung von Staat und Wirtschaft ist Ideologie – und zwar eine falsche.

Bisher hat die Bundesregierung vor allem mit besseren Bedingungen für die Wirtschaft versucht, für mehr Arbeitsplätze zu sorgen. Ist dieser Ansatz gescheitert?

Er hat nur begrenzt befriedigende Ergebnisse, weil viele Rahmenbedingungen nur noch auf europäischer Ebene gesetzt werden können, etwa bei den Steuersätzen oder den Sozialstandards. Deshalb brauchen wir den aktiven Nationalstaat, der sich auf dem Markt einmischt. Kooperation zwischen Staat und Wirtschaft ist nicht das Problem, sondern die Lösung.

Wenn Ihre Theorie stimmt, ist die von der Regierung beschlossene Senkung der Körperschaftsteuer sinnlos.

Ich erwarte mir jedenfalls nicht viel davon. Sie wurde aber vereinbart und muss deshalb auch umgesetzt werden, damit wir verlässlich bleiben. Wir sollten uns aber nicht in einen Steuersenkungswettbewerb mit der Union begeben. Wenn CDU und CSU eine Senkung auf 22 Prozent akzeptieren, müssen wir das nicht mit 19 Prozent unterbieten.

Das Gespräch führte

Stephan Haselberger.

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