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Politik: Der Streik der Häuptlinge

Drei Gewerkschaften wehren sich gegen die Dominanz von IG Metall und Verdi. Sie wollen auf die Regierung zugehen

Die Kleinen mucken auf, weil sie sich von den Großen schlecht behandelt fühlen. Also haben sich die Gewerkschafter Hubertus Schmoldt (Chemie), Norbert Hansen (Eisenbahn) und Franz-Josef Möllenberg (Ernährung) zusammengesetzt und eine Erklärung verfasst. Sie wollen „eine gemeinsame Initiative ihrer Organisationen zur konstruktiven Begleitung sozial ausgewogener Reformschritte starten“. Schöner kann Funktionärsdeutsch nicht sein. Aber darum geht es ja nicht. Es geht um eine kleine Rache an Klaus Zwickel (Metall) und Frank Bsirske (Dienstleistungen), die vor kurzem gegen ein Treffen mit dem Bundeskanzler waren und damals alle Gewerkschaftsbosse in Sippenhaft nahmen: Wenn die Großen nicht mit Gerhard Schröder reden wollen, dann dürfen die Kleinen auch nicht.

Vor allem Schmoldt, Schröders liebster Arbeiterführer, war sauer. Und jetzt schlägt er zurück mit genau den zwei anderen, die sich damals so gerne mit Schröder getroffen hätten, um über dessen Agenda 2010 zu sprechen. Das Motto des Aufbegehrens: Wir wollen auch was sagen. Zum Beispiel, dass „wir auf die Bundesregierung zugehen und Reformnotwendigkeiten erkennen“. Das sind seltene Töne aus Gewerkschaftermund. Aber die drei kriegen noch schnell die Kurve, indem sie auf „Veränderungsnotwendigkeiten“ in Schröders Plänen hinweisen. Gemeint sind jene sozialpolitischen Grausamkeiten, die Zwickel und Bsirske aufheulen lassen: Weniger Arbeitslosenhilfe, Lockerung des Kündigungsschutzes, Kürzung des Arbeitslosengeldes und privat finanziertes Krankengeld.

Und weil die drei Rebellen diese Punkte ausdrücklich erwähnen, bleiben die Großen auch ganz gelassen. „Im Ton unterschiedlich, in der Sache identisch“, bewerten IG Metall und Verdi die Erklärung der drei Kleinen. Und der Dachverband DGB beeilt sich mitzuteilen, die Kritik an der Agenda 2010 „wird einmütig geteilt“. Von Spaltung der acht Einzelgewerkschaften unter dem DGB-Dach also keine Spur. Aber bleiben die Reihen tatsächlich fest geschlossen? Abwarten, wie viel Mut die Kleinen wirklich haben.

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