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Politik: Der Terror kehrt zurück

Saudi-Arabien hatte geglaubt, die Islamisten besiegt zu haben – nun schlugen sie in Dschidda erneut zu

Es ist der erste große Anschlag gegen eine westliche Einrichtung in Saudi-Arabien seit dem Überfall militanter Islamisten auf einen Ausländer-Wohnkomplex in der Stadt Chobar Ende Mai. Das Regime glaubte die Oberhand zu gewinnen, zumal ihm wichtige Schläge gegen Zellen des Al-Qaida-Netzwerks gelangen: Im März und Juni 2004 wurden zwei mutmaßliche Anführer der saudischen Al Qaida getötet. Seither suchten sich die anscheinend geschwächten Terroristen Individuen als Ziel ihrer Anschläge aus: Seit Juni wurden sieben westliche Ausländer auf offener Straße oder in ihren Häusern und Büros getötet. Kronprinz Abdallah erklärte im August, der Terrorismus gehöre der Vergangenheit an und man kämpfe nur noch gegen einzelne Nester des militanten Islamismus. Doch der Überfall auf das US-Konsulat in Dschidda zeigt, dass dies möglicherweise ein Irrtum war.

Die entscheidende Frage ist, ob die Täter neue Rekruten sind oder Mitglieder einer älteren Zelle, die den Sicherheitskräften bisher entwischt sind. Völlig überraschend kommt der spektakuläre, wenn auch anscheinend schlecht vorbereitete Anschlag dennoch nicht. Denn das Regime, das sich selbst auf eine äußerst konservative Islamauslegung stützt, steht im Konflikt mit den so genannten Dschihadisten, die jegliche ausländische Präsenz in Saudi-Arabien und alle Verbindungen zu den USA ablehnen.

Das saudische Regime braucht den Rückhalt des konservativen religiösen Establishments, das die dringend notwendigen politischen und sozialen Reformen größtenteils ablehnt. Es geht seit längerem gegen militante Islamisten vor, kann ihnen aber nicht den ideologischen Nährboden entziehen – eine Debatte über ihre in religiöse Slogans gekleidete Botschaft wird nicht eröffnet. Gleichzeitig werden Reformer zu „nationalen Dialogen“ geladen. Doch sobald die aus liberalen und islamistischen Persönlichkeiten bestehende Reformbewegung die Initiative ergreift, reagiert das Regime mit Verhaftungen und zeigt so enge Grenzen auf.

Die überwältigende Mehrheit der saudischen Bevölkerung lehnt die Besetzung des Irak, die US-Politik in der Region und die US-Truppenpräsenz auf saudischem Boden ab. Daher können die Terroristen damit rechnen, dass sich die Empörung der Saudis über den aktuellen Anschlag in Grenzen hält – während Attacken auf das Hauptquartier der saudischen Verkehrspolizei und auf einen hauptsächlich von Muslimen und Arabern bewohnten Gebäudekomplex die gesamte Bevölkerung gegen die Täter aufgebracht hatten.

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