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Politik: Der unsichtbare Herr Pofalla Warum der Aufseher der Geheimdienste schweigt

Berlin - Beim Chef des Kanzleramts ist Diskretion ein Teil der Jobbeschreibung. Aber so unsichtbar wie Ronald Pofalla war schon lange keiner mehr.

Von Robert Birnbaum

Berlin - Beim Chef des Kanzleramts ist Diskretion ein Teil der Jobbeschreibung. Aber so unsichtbar wie Ronald Pofalla war schon lange keiner mehr. Dabei könnte er einiges beitragen zur Debatte über Abhörpraktiken des US-Geheimdiensts NSA. Denn Pofalla ist von Amts wegen der oberste Aufseher der deutschen Nachrichtendienste. Er sitzt regelmäßig mit den Chefs von BND, MAD und Verfassungsschutz zusammen, über seinen Schreibtisch gehen die Berichte der Dienste. Doch abgesehen von einem kurzen Auftritt im geheim tagenden Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr), ist der Minister nirgends zu vernehmen.

Man darf fest davon ausgehen, dass seine Chefin das auch so will. Als Pofalla vom CDU-Generalsekretär zu Merkels Regierungsmanager aufstieg, interpretierte er die Rolle anfangs als Fortsetzung der alten mit neuen Möglichkeiten. Aber nicht nur der Koalitionspartner FDP bestand darauf, dass er sich zurücknahm.

Seinen internen Einfluss hat das nicht gemindert. Zwar gehört es zur Folklore im Regierungsviertel, bei Pannen im Regierungshandeln mit dem Finger auf den gelegentlich etwas präpotent auftretenden Kanzleramtschef zu zeigen. Aber erstens ist er keineswegs an allem Übel schuld. Und zweitens schätzt Merkel seine bedingungslose Loyalität ebenso wie seine taktische Raffinesse. Dass die erfolgreich sein kann, hat er schließlich bewiesen, als er ihr 2009 gegen alle Zweifler mit dem Konzept des Einschläfer-Wahlkampfs den Sieg sicherte.

Freilich fällt Pofallas Schweigsamkeit im Streit um die NSA besonders auf. Sie mag aber nicht zuletzt damit zusammenhängen, dass der Geheimdienst-Aufseher weniger zu sagen hätte als man glaubt – und wenn, dann vieles, was in skandalschwangeren Wahlkampfzeiten keiner hören will. Dass es zu den Regeln der Dienste gehört, nie über Quellen zu reden, wäre so ein Satz. Ein zweiter könnte lauten, dass deshalb Nachfragen, wieso die USA von Terroristen im Sauerland wissen, so sinnlos wie verpönt wären.

Und auch der Hinweis, dass man als Regierung, um Schaden vom deutschen Volk abzuwenden, sich die ausländischen Helfer und ihre Methoden nicht immer aussuchen kann, würde wohl nur empörte Aufschreie einer Opposition provozieren, die es eigentlich besser weiß. Also schweigt Pofalla. Vielleicht ist das ja auf seine Weise auch ein Indiz. Erst wenn der Chef des Kanzleramts plötzlich Interviews geben würde, wäre die Lage wohl richtig ernst. Robert Birnbaum

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