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Politik: Der „Verbündete“ unter Verdacht

Die USA werfen Pakistan vor, hinter der jüngsten schweren Attacke in Kabul zu stecken – durch Hilfe für das Hakkani-Terrornetzwerk

Die Vorwürfe haben es in sich. Und sie zeigen, wie vergiftet die Stimmung inzwischen ist. Kaum verhohlen verdächtigten die USA nun ihren „Verbündeten“ Pakistan, hinter dem spektakulären Terroranschlag auf die US-Botschaft und das Nato-Hauptquartier in Kabul zu stecken, der die afghanische Hauptstadt in der vergangenen Woche 20 Stunden lang in Angst und Schrecken versetzt hatte. Der Anschlag „geht auf das Konto des Hakkani-Netzwerkes“, sagte der US-Botschafter in Pakistan, Cameron Munter, dem Sender Radio Pakistan. Zudem gebe es Beweise dafür, dass das Hakkani-Netzwerk Kontakte zur pakistanischen Führung habe. „Das muss aufhören“, forderte der Botschafter. Man prüfe, ob Pakistans Geheimdienst ISI in die Attacke verstrickt sei, zitierte das „Wall Street Journal“ einen ungenannten US-Regierungsmitarbeiter.

Das Hakkani-Netzwerk gilt als einer der gefährlichsten Gegner der USA in Afghanistan. Die USA werfen Pakistans Militär und dem Geheimdienst ISI seit längerem vor, dem Hakkani-Netzwerk zu helfen. Benannt ist die Gruppe nach ihrem Führer Jalaluddin Hakkani, der in den achtziger Jahren gegen die russischen Besatzer in Afghanistan kämpfte und damals noch als Verbündeter der USA galt. Die Hakkani-Kämpfer sollen sich in Pakistan versteckt halten und von dort aus immer wieder in Afghanistan zuschlagen. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters kurz nach dem Anschlag bestritt Hakkanis Sohn und Nachfolger Sirajuddin allerdings, dass die Kämpfer noch in Pakistan sitzen. Zugleich betonte er, dass das Hakkani-Netzwerk möglicherweise zu Friedensgesprächen bereit sei. Der pakistanische Beobachter und frühere General Talat Masood nannte es einen „extrem bedeutenden Fortschritt“, sollten die Anhänger des Hakkani-Netzwerks ihr Gesprächsangebot ernst meinen. Richard Barrett vom UN-Beobachterteam für das Terrornetzwerk Al Qaida und die Taliban vermutete, dass die Hakkani-Leute fürchten, dass sie bei Verhandlungen ausgegrenzt werden.

Eine ähnliche Sorge könnte auch die pakistanische Führung umtreiben. Pakistan sieht es als elementar für seine eigene Sicherheit an, dass in Kabul eine freundliche Regierung sitzt und der Einfluss des Erzfeindes Indiens begrenzt bleibt. Die Regierung in Islamabad bedingt sich daher aus, dass sie bei Gesprächen eingebunden wird. Die britische Zeitung „Times“ hatte jedoch kurz vor dem Anschlag berichtet, dass die USA eingewilligt hätten, dass die Taliban um ihren Führer Mullah Omar ein politisches Büro in Katar eröffnen dürfen. Damit wolle Washington sie aus dem Einflussbereich Pakistans herausholen. Dies könnte in Islamabad die Angst nähren, dass es bei den Gesprächen übergangen wird. Der Anschlag könnte somit eine blutige Warnung an die USA und die Nato gewesen sein, die Rechnung in Afghanistan nicht ohne Pakistan und das Hakkani-Netzwerk zu machen.

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