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Politik: Der Weg zur EU-Verfassung – ein Ja-aber

13 Abweichler bei Probeabstimmung in der Union / Skeptiker wollen persönliche Erklärungen abgeben

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Es ist ein Tanz auf rohen Eiern, den Führungsleute der Unionsfraktion am Dienstag aufführen, und sie haben allen Grund dazu. Am Donnerstag stimmt der Bundestag über die europäische Verfassung ab. Die übergroße Mehrheit dafür ist gesichert. Aber die Minderheit in der CDU/CSU-Fraktion, die das Vertragswerk gerne ablehnen würde, ist größer, als es im Moment sichtbar ist. Zu den etwa 20 Parlamentariern, die zur Ablehnung bereits seit längerem entschlossen sind, kommt eine ganze Reihe von Unionsabgeordneten, die zwischen Zustimmung und Ablehnung schwanken. Eine Probeabstimmung am Dienstagabend verzeichnete 13 Abweichler – für den Vorsitzenden des EU-Ausschusses, Matthias Wissmann (CDU), ein „sehr gutes Ergebnis“.

Aber auch angesichts einer derart breiten Zustimmung wollen die Skeptiker nicht übergangen werden: Die Führung müsse aufpassen, dass sie in dieser Gruppe nicht durch allzu forsche Sprüche Trotzreaktionen auslöse, sagt einer der Unentschiedenen. Wenn der Europasprecher Peter Hintze (CDU) die Zustimmung zum „nationalen Interesse“ erkläre, sei das jedenfalls kontraproduktiv. Andere Abgeordnete wollen zustimmen, aber in persönlichen Erklärungen im Plenum ihre Skepsis deutlich machen.

In der Fraktion warben am Dienstag die Parteichefs Edmund Stoiber (CSU) und Angela Merkel (CDU) sowie der frühere baden-württembergische Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) für die Verfassung. Dagegen gaben die CSU-Abgeordneten Gerd Müller und Peter Gauweiler ihre Ablehnung zu Protokoll. Aus Sicht der Kritiker geben die nationalen Parlamente mit der Verfassung zu viele Gestaltungsrechte nach Europa ab.

„Es ist ja niemand vor besserer Erkenntnis geschützt.“ Mit diesen Worten bemühte sich CSU-Landesgruppenchef Michael Glos vor der Fraktionssitzung um die Abweichler. Glos betonte die Bedeutung Europas für die Erfolgsgeschichte Nachkriegsdeutschlands, stellte einen Absatz gegen den EU-Beitritt der Türkei im Unionswahlprogramm in Aussicht und kündigte individuelle Überzeugungsarbeit an: „Die Methoden beruhen auf Motivation.“

Ob die wirken, bezweifelt er vermutlich selbst. So konzentrierten sich Glos und Unions-Fraktionsgeschäftsführer Norbert Röttgen (CDU) darauf, die Zahl der Dissidenten wenigstens nicht weiter ansteigen zu lassen. Beide gestanden den erklärten Nein-Sagern ehrenwerte Motive zu. Andererseits betonten beide das Interesse daran, dass das Nein eine Ausnahme bleibt. Er finde es entscheidend, „dass die Position der Union klar ist“, sagte Röttgen; Glos äußerte die „optimistische Lageeinschätzung“, dass eine „überwiegende Mehrheit“ auch der CSU zustimmen wird. Von Mitgliedern der Landesgruppe wird die Zahl der Nein-Sager auf etwa 15 beziffert, in der CDU gilt etwa ein halbes Dutzend Parlamentarier als zur Ablehnung entschlossen.

Am Dienstag einigten sich derweil alle Fraktionen im Europaausschuss auf letzte Details des Begleitgesetzes zur EU-Verfassung. Strittig war noch, unter welchen Bedingungen der Bundestag eine Klage gegen EU-Entscheidungen beim Europäischen Gerichtshof einreichen kann. Die Union hatte ein Votum eines Drittels der Abgeordneten verlangt, Grüne und FDP forderten ein Klagerecht als Fraktion. Der Kompromiss sieht vor, dass jede Fraktion eine Klage beantragen kann, aber eine Zwei-Drittel-Mehrheit den Einspruch bei Gericht wieder stoppen kann.

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