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Politik: Der Widerspenstigen Wendung

Vom „Nein, vielleicht“ zum „Ja, aber“: Die Union will nun doch beim Vorziehen der Steuerreform mitmachen

Von

Von Robert Birnbaum

und Albert Funk

Die Position der Union zum Vorziehen der Steuerreform? Da habe sich eine eindeutige Entwicklung ergeben, meint eine leicht ironische Stimme aus der Partei: „Von einem ,Nein, aber vielleicht’ ist man zu einem ,Ja, aber’ gelangt.“ Wobei, sollte man ergänzen, die einen das Ja betonen, die anderen noch das Aber. Aber das Nein ist weg. Die Jasager in der Union, die das Vorziehen schon früh befürworteten und das Vorhaben des Kanzlers erkannten, die populäre Maßnahme zu nutzen, um die absehbare Unionskritik an der Finanzierung des Haushalts 2004 ins Leere laufen zu lassen – diese Jasager sind nun einigermaßen zufrieden. Der Stuttgarter Ministerpräsident Erwin Teufel zum Beispiel. Oder der neue Erfurter Regierungschef Dieter Althaus, der früh mahnte, die Union könne nicht ablehnen, was sie jahrelang gefordert habe. Man dürfe nicht hasenfüßig sein, meinte Althaus schon, als einige seiner CDU-Kollegen noch ihre Landeshaushalte untergehen sahen.

Ein solcher Hardliner gab sich am Dienstag in Berlin plötzlich weich gespült. Edmund Stoiber will jetzt mitmachen. Und sieht sich einig mit jenen in der CDU, die sich am Wochenende noch verwundert gezeigt hatten angesichts der widerspenstigen Haltung in München (und auch der von Roland Koch in Hessen). „Da gibt es eine ganz klare Position der CDU/CSU!“, sagte Stoiber nun und gab sich „verwundert“, dass es auch andere Ansichten gibt. Stoiber akzeptierte sogar, was andere in der Union schon Tage früher erkannt hatten: Dass es ohne Neuverschuldung nicht gehen wird, dass aber – und darauf spielte Althaus’ „hasenfüßig“ an – eine Steuerkürzung über höheren Konsum auch wieder mehr Steuern einbringt. Der Selbstfinanzierungseffekt also, der bei der Steuerreform der Union in den achtziger Jahren seine Wirkung entfaltete und mit dem auch Schröder & Co. kalkulieren. Etwa ein Drittel, hat am Vortag im CSU-Präsidium Bayerns Finanzminister Kurt Faltlhauser vorgetragen, könne das zur Gegenfinanzierung beitragen. Und damit die Neuverschuldung überschaubar halten, wenn man beim Subventionsabbau und der Privatisierung von Staatsbeteiligungen vorankommt. In der Union gibt es schon Listen mit bundesweiten Leistungsgesetzen, welche Länder und Kommunen stark belasten und deren Beschneidung man dem Bund empfehlen will.

So reihte sich Stoiber in die Reihe der zustimmungswilligen CDU-Granden ein und bekräftigte CDU-Chefin Angela Merkel das grundsätzlich positive „Ja, aber“. Zudem trug der Kanzler mit seiner Ankündigung, schon am Donnerstag im Bundestag eine Regierungserklärung abzugeben, zur schnellen Einigung der Union bei. Und schließlich ist deren Führung aufgegangen, dass ihre erste Reaktion auf Schröders Coup bestenfalls als Chaos, im schlechteren Fall als Blockadekurs wahrgenommen wurde – und das bis in die verwirrten eigenen Reihen hinein. Deshalb sieht sich Stoiber genötigt zu erklären, dass sein Sonntags-Satz „Mit Sicherheit stimmen wir so, wie das vorgelegt ist, nicht zu“ keine Blockadeankündigung war, sondern eher das Gegenteil. Und deshalb haben er und Merkel dem Kanzler einen Brief geschrieben und darin gefordert, noch im Sommer zu Entscheidungen zu kommen. Die Union macht also mit. Aber ja.

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