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Politik: Der Wind um die Atomsteuer

Merkel startet ihre Energie-Reise – und Röttgen vertagt die Brennelementeabgabe auf das Energiekonzept

Berlin - Ob die Arbeitsteilung abgesprochen war? Die Kanzlerin und ihr Umweltminister haben am Mittwoch – beide frisch aus dem Urlaub zurückgekehrt – unterschiedliche Signale in die aufgeregte Atomdebatte der Union gesendet. Dabei soll es zwischen Angela Merkel und Norbert Röttgen zuletzt nicht mehr ganz so herzlich zugegangen sein wie noch vor ein paar Monaten. Jedenfalls hat Merkel ihre Energiereise am Mittwoch mit dem Besuch eines Bürgerwindparks begonnen, den die Einwohner der Gemeinde Krempin selbst bezahlt haben. In der Unionsfraktion werden die glühenden Verfechter der Kernenergie diese Symbolik wohl verstanden haben. Die Kanzlerin will die Laufzeiten der Atomkraftwerke zwar auch verlängern, aber die Zukunft liegt für sie bei erneuerbaren Energien.

Auf der anderen Seite zeigte Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) in Düsseldorf auf einem anderen umstrittenen Feld Kompromissbereitschaft: bei der Brennelementesteuer. Die Beschlussfassung im Kabinett werde auf Ende September vertagt und mit dem Energiekonzept erfolgen, sagte Röttgen.

Die Kanzlerin selbst ließ den Termin der Entscheidung offen: „Es gibt im Augenblick Gespräche über Alternativen.“ Weiter sagte sie, es sei wichtig, „dass am 1. September deutlich ist, es wird dieses Volumen erbracht, das wir uns vorgenommen haben.“ Wenn eine andere Form als die von der Regierung „heute schon festgelegte Brennelementesteuer gefunden wird, ist es auch gut“.

Damit dürfte die Brennelementesteuer endgültig im Zusammenhang mit dem Energiekonzept verhandelt werden. Das ist eine zentrale Forderung der Unionsfraktion, die die Atomkonzerne in ihrem Kampf gegen die neue Steuer entweder offen unterstützt, wie etwa Unionsfraktionsvize Michael Fuchs, oder zumindest verlangt, dass auf eine zweite Abgabe zur Abschöpfung der erwarteten zusätzlichen Milliardengewinne aus einer Laufzeitverlängerung verzichtet wird. Rechtlich ist es sehr kompliziert, eine Fondslösung zustande zu bringen, wie sie sich die vier Energiekonzerne Eon, RWE, EnBW und Vattenfall wünschen. Deshalb könnte die Brennelementesteuer das einzig rechtlich mögliche Instrument zur Gewinnabschöpfung bleiben. Zumal die Antikorruptionsorganisation Transparency International am Mittwoch den Vorwurf erhoben hat, die Regierung mache sich käuflich, wenn sie sich die Steuer von den Konzernen abkaufen lasse.

Wenn Merkel kommende Woche dann das Atomkraftwerk Emsland besuchen wird, trifft sie nicht nur auf die Chefs der beiden Betreiberkonzerne RWE und Eon, Jürgen Großmann und Johannes Theyssen. Sie wird dort auch auf Vertreter der Anti-Akw-Bewegung stoßen, die ihr rund 160 000 Unterschriften für einen schnelleren Atomausstieg überreichen wollen.

Etwa zeitgleich sollen die Gutachten vorliegen, auf deren Basis die Regierung ihr Konzept vorlegen will. Nach Informationen der „Zeit“ geben diese Gutachten allerdings keine objektive Entscheidungsgrundlage. Danach enthält das Szenario „Laufzeitverlängerung“ zugleich eine Vielzahl von Klimaschutzmaßnahmen. Das Basisszenario ohne Verlängerung verzichte jedoch auf mehr Klimaschutz. Hubert Weiger, Chef des BUND, hält das für „Gefälligkeitsgutachten“ zugunsten einer Laufzeitverlängerung. mit rtr

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