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Der Zoll soll mehr Personal bekommen: Am Limit

Der Zoll hat in den letzten Jahren immer mehr Aufgaben übernommen. Die Gewerkschaft beklagt einen Personalmangel. Die Koalition will handeln.

Die Aufgaben des deutschen Zolls wachsen - aber wächst auch der Zoll? Seit Jahren bekommt die Behörde mit ihren knapp 40000 Mitarbeitern immer wieder neue Zuständigkeiten über ihre klassischen Aufgaben – Fahndung nach Schmuggelware und Einfuhrkontrolle – hinaus. Der stetig wachsende Online-Handel bringt hier schon mehr Arbeit. Aber einiges kam über die Jahre hinzu: die Kontrolle der Schwarzarbeit, die Kontrolle der Einhaltung des Mindestlohns (nicht zuletzt in der Baubranche mit ihren vielen ausländischen Arbeitskräften), das Eintreiben der Kfz-Steuer, seit sie vom Bund verwaltet wird, der Kampf gegen Geldwäsche in einer dafür gegründeten Sondereinheit, die vom Bundeskriminalamt abgezweigt wurde, weil der frühere Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) diese Aufgabe im Finanzressort ansiedeln wollte. Auch für die Verwaltung der Pkw-Maut ist der Zoll vorgesehen, weil die ja mit der Kfz-Steuer verrechnet wird – eine neue Aufgabe wird dann vor allem die Kontrolle der ausländischen Straßennutzer sein. Und mit dem Brexit dürften die Anforderungen an die Zollkontrolleure nochmals wachsen. Dass in den kommenden zehn Jahren 40 Prozent der Zollbeamten pensionshalber aus dem Dienst scheiden, kommt als Herausforderung hinzu.

"Mehrbedarf von jährlich 2500 Arbeitskräften"

Zwar hat die vorige Bundesregierung dem Zoll schon 1600 neue Stellen zugestanden, die nun schrittweise bis 2022 gefüllt werden. Aber dem Chef der Zoll und Finanzgewerkschaft BDZ, Dieter Dewes, reicht das nicht. Er geht davon aus, dass es insgesamt zu einem Personalmehrbedarf von mehr als 2000 neuen Arbeitskräften bei den Hauptzollämtern kommen wird. Und dafür hat die Bundesregierung nicht vorgebaut. Dewes hält es insgesamt für nötig, die Einstellungsermächtigungen im Bundeshaushalt auf jährlich 2500 neue Nachwuchskräfte zu erhöhen. Der Forderung hat sich das Bundesfinanzministerium bisher nicht angeschlossen. Zwar stehen hinter den Alarmparolen von Dewes – der Zoll sei nur „bedingt einsatzfähig“, sagte er dem „Handelsblatt“ – auch die laufenden Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst. Weshalb der neue Finanzminister Olaf Scholz (SPD) am Dienstag bei der Jahrespressekonferenz offiziell auch Zugeständnisse vermied. Doch offenbar plant Scholz, einige hundert zusätzliche Stellen zu schaffen, beginnend schon im Haushalt 2018. Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, den Personalbestand des Zolls zu erhöhen.

Opposition macht Druck

Druck kommt auch von der Bundestags-Opposition. Linken-Fraktionsvize Fabio De Masi bemängelt vor allem, dass der Zoll für die Bekämpfung der Geldwäsche unterausgestattet ist. Es gebe weder genügend Personal noch die nötigen „analytische Fähigkeiten“. De Masi hört eine „sicherheitspolitische Zeitbombe“ ticken. Die Grünen-Finanzpolitikerin Lisa Paus spricht von unhaltbaren Zuständen beim Zoll und von 30000 rückständigen Fällen allein bei der Geldwäsche-Einheit.

Der derzeitige Zoll-Chef Hans Josef Haas machte am Dienstag vor allem auf einen „dramatisch gestiegenen“ Rauschgiftschmuggel aufmerksam. 2017 zog der Zoll demnach mehr als sieben Tonnen Kokain aus dem Verkehr – fast das Fünffache des Vorjahres. Zudem wurden zehn Tonnen andere Rauschgifte sichergestellt. Der Wert der gefälschten Produkte, die der Zoll entdeckte, wird mit 200 Millionen Euro angegeben – ein „wachsendes Phänomen“ dank Online-Handel nicht zuletzt über Webseiten außerhalb der EU. Im Kampf gegen Schwarzarbeit, so die Zoll-Bilanz, wurden mehr als 52000 Arbeitgeber kontrolliert und fast 108000 Strafverfahren eingeleitet.

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