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Merkel und Trump am Rande der UN-Vollversammlung in New York

© dpa

Deutsch-amerikanische Beziehungen: Die Bundesregierung tut das einzig Richtige

Der US-Präsident liebt die Provokation, das ist bekannt. Im Umgang mit ihm braucht es Durchhaltevermögen und einen langen Atem. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Juliane Schäuble

Donald Trump und Angela Merkel werden keine Freunde mehr. Es vergeht kaum eine Woche, in der der US-Präsident die Bundeskanzlerin beziehungsweise Deutschland nicht kritisiert. Per Twitter, bei Pressekonferenzen, in Interviews. Die Art und Weise allerdings, mit der er dies offenbar in seinen direkten Gesprächen mit anderen Staats- und Regierungschefs tut, ist zum Fremdschämen. Er gebärdet sich wie ein Schuljunge in der großen Pause. Lästert selbst über die Chefin eines der wichtigsten amerikanischen Verbündeten.

Nun gibt es wenige, die das Verhalten dieses Präsidenten noch völlig überraschen könnte. Aber das am Mittwoch veröffentlichte Protokoll des Telefonats zwischen Trump und seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj, das der US-Präsident selbst als völlig korrekt bezeichnet, belegt, wie wenig Letzterer tatsächlich von Diplomatie hält – und versteht. Wie sehr er bereit ist, ein Land gegen das andere zum eigenen Vorteil auszuspielen und die Außenpolitik seinen innenpolitischen Zielen unterzuordnen.

Dass all dies während der Vollversammlung der Vereinten Nationen bekannt wurde, dem Hochamt der Diplomatie, zu dem die Welt einmal im Jahr zusammenkommt, um wenigstens zu versuchen, ihre größten Probleme gemeinsam zu lösen, ist nur ein Zufall. Aber einer mit Symbolkraft. Auf der einen Seite pocht der deutsche Außenminister Heiko Maas in seiner Rede vor den UN darauf, dass eine nachhaltige Außenpolitik nur gelingen könne, wenn man „verlässlich“ zusammenarbeite, wenn man „langen Atem“ und Durchhaltevermögen beweise. Auf der anderen Seite konterkarieren die Enthüllungen über Trumps Geplapper alle Versuche, die transatlantischen Beziehungen auf dieser Ebene wieder zu verbessern.

Die Bundesregierung hat auf die Tatsache nicht direkt reagiert, dass Trump Merkel vorwirft, immer nur über die Ukraine zu sprechen, aber nichts zu tun. Das wäre auch nicht besonders diplomatisch. Allerdings liefert sie den Faktencheck frei Haus: dass nämlich Deutschland die Ukraine seit 2014 mit 1,4 Milliarden Euro unterstützt hat. Nach neuen OECD-Zahlen, die Berlin veröffentlichte, ist Deutschland damit der drittgrößte Geber für die Ukraine – nach der EU und den USA.

So sieht die Strategie der Bundesregierung aus: Nicht aufregen, einen kühlen Kopf bewahren, auf die Fakten verweisen. Die Diplomatie lebt, allerdings ist es nicht leichter geworden, weiterhin auf sie zu vertrauen. Nicht wenige werden innerlich applaudiert haben, als der Sonderberater der Kommission für die Beziehungen zur Ukraine, Elmar Brok, Trumps Vorwurf „ungeheuerlich“ nannte. Ob Empörung im Umgang mit diesem US-Präsidenten hilft, darf aber bezweifelt werden.

Der ukrainische Präsident, ein ehemaliger Kabarettist und Politneuling, war schnell darin, sich für seinen peinlichen Teil des Telefonats zu entschuldigen, in dem er Trump zu „tausend Prozent“ recht gegeben hatte. Es seien schwierige Zeiten gewesen. Trump sieht für einen solchen Schritt keinen Grund. Warum auch, aus seiner Sicht war es ja ein völlig korrektes Gespräch. Eines, wie er es offenbar häufig führt. Insofern ist die Bundesregierung gut beraten, wenn sie – wie Maas es formuliert – auf „Durchhaltevermögen“ und einen „langen Atem“ setzt. Denn das wird sie im Umgang mit diesem US-Präsidenten bitter nötig haben.

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