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Verbündet - aber nicht immer einig: Nicolas Sarkozy und Angela Merkel.

© AFP

Deutsch-französische Beziehungen: Die Suche nach dem Motor

Angela Merkel und Nicolas Sarkozy wollen ihren Streit um die EU-Wirtschaftsregierung hinter sich lassen - und Defizitsünder härter bestrafen.

Berlin - Nicolas Sarkozy tat sein Bestes, um den Eindruck einer deutsch-französischen Verstimmung vergessen zu machen: „Deutschland und Frankreich sind entschlossen wie nie, mit derselben Stimme zu sprechen“, sagte der französische Staatschef am Montagabend im Kanzleramt. Da war das übliche Ritual zu Beginn solcher deutsch-französischer Treffen – Küsschen links, Küsschen rechts – schon vorüber, und gemeinsam mit Kanzlerin Angela Merkel hatte der Gast aus Frankreich auch den ersten Teil der gemeinsamen Themenliste schon abgearbeitet. Bevor es dann zum gemeinsamen Abendessen ging, zeigten sich Merkel und Sarkozy sichtlich um die Entschärfung ihres Streits um eine europäische Wirtschaftsregierung bemüht.

Aus gutem Grund: Nachdem das Treffen zwischen den beiden vor einer Woche kurzfristig abgesagt worden war, hatten Brüsseler EU-Diplomaten auch den Streit um die EU-Wirtschaftsregierung als einen Grund für die überraschende Verschiebung der Begegnung ausgemacht. Zwar sind sich Merkel und Sarkozy einig, dass die EU angesichts der Euro-Krise eine verstärkte wirtschaftspolitische Koordinierung braucht; allerdings waren die Details noch bis zum Treffen im Kanzleramt am Montagabend umstritten. Wäre es allein nach Sarkozy gegangen, dann wäre der Kreis der 16 Staats- und Regierungschefs der Euro- Gruppe zur Wirtschaftsregierung aufgewertet worden. Merkel beharrte hingegen darauf, dass kein EU-Mitgliedstaat von der Wirtschaftsregierung ausgeschlossen werden darf. Nach dem Kompromiss, den die beiden nun präsentierten, wollen sich sowohl Merkel als auch Sarkozy für ein Gremium einsetzen, an dem sämtliche EU-Staaten beteiligt sind. Aber auch Sondertreffen unter den 16 Euroländern sollen künftig möglich sein: Dort könnten „Probleme der Eurozone“ besprochen werden, sagte Sarkozy.

Der Franzose verzichtete allerdings auf seinen Wunsch, ein eigenes Sekretariat der Eurozone einzurichten. Diese Forderung ging Berlin von Anfang an zu weit. Die Bundesregierung befürchtete, auf diesem Weg könne ein politisches Gegengewicht zur Europäischen Zentralbank (EZB) entstehen. „Es geht nicht um die Schaffung neuer Institutionen“, sagte Merkel. Sarkozy lobte den Geist des Kompromisses – jeder sei einen Schritt auf den anderen zugegangen, sagte er.

Einig sind sich Merkel und Sarkozy auch, dass der Euro- Stabilitätspakt verschärft werden soll. Die beiden wollen in einem Brief an EU- Ratspräsident Herman Van Rompuy vorschlagen, dass notorischen Defizitsündern wie Griechenland notfalls auch das EU-Stimmrecht entzogen werden kann.

Zuvor hatte Frankreichs Finanzministerin Christine Lagarde in Berlin allerdings mit ihrer Forderung aufhorchen lassen, dass der Stabilitätspakt auch einen Mechanismus zur Überprüfung der Wettbewerbsfähigkeit aller Mitgliedsländer enthalten müsse. Daraus ergebe sich „logischerweise eine Wirtschaftspolitik, die es erlaubt, die Wettbewerbsunterschiede anzugleichen“, sagte Lagarde der „Süddeutschen Zeitung“. Auch wenn Lagarde offen ließ, ob sich dabei die übrigen EU-Länder an der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands orientieren oder eher nivelliert werden sollen, so ist der Vorschlag der französischen Ressortchefin heikel: Denn schließlich hatte sie im März im Zuge der Griechenlandkrise die Exportstärke Deutschlands kritisiert und dafür viel Schelte in Berlin einstecken müssen.

Aber darüber sprachen Merkel und Sarkozy bei ihrem öffentlichen Auftritt nicht: „Es ist immer eine Freude für mich, nach Deutschland zu kommen und mit Frau Merkel zu diskutieren“, sagte Sarkozy.

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