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Anderer Blickwinkel: Kanzlerin Angela Merkel und Polens neue Premierministerin Beata Szydlo.

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Deutsch-polnische Beziehungen: Polnische Medien sollen "keine Feindbilder aufbauen"

Emotionale Tonlage in deutschen und polnischen Medien: Kopernikus-Expertengruppe warnt vor Schaden für die Partnerschaft zwischen Berlin und Warschau.

Angesichts der Sorgen um einen Rechtsruck in Polen unter der neuen PiS-Regierung und des Machtkampfs um das polnische Gerichtswesen warnen deutsche und polnische Historiker und Politologen vor neuen Feindbildern in den Medien beider Länder. Das über Jahre aufgebaute Vertrauen dürfe nicht durch vorschnelle emotionale Reaktionen untergraben werden. In der tiefen Krise Europas habe die deutsch-polnische Partnerschaft strategische Bedeutung für den Zusammenhalt der EU, mahnt die im Jahr 2000 gegründete „Kopernikus-Gruppe“, die für ihre langjährige Beratungsarbeit mit dem Viadrina-Preis ausgezeichnet wurde, in ihrem neuesten Arbeitspapier. Dies gelte „gerade auch dann, wenn die Regierungen beider Länder unterschiedliche Politiken verfolgen, zum Beispiel im Umgang mit der Flüchtlingsfrage, der Energie- und Klimapolitik sowie der Sicherheitspolitik (dauerhafte Nato-Militärpräsenz in Ostmitteleuropa)“.

Schul- und Städtepartnerschaften nicht aufkündigen

Die Experten kritisieren die emotionale Tonlage in polnischen und deutsche Medien. „Wir rufen die polnischen Medien auf, einen Beitrag zu einer zivilisierten politischen Auseinandersetzung zu leisten und keine Feindbilder aufzubauen – nach innen wie nach außen. Uns beunruhigen aber auch pauschalisierende und die Entwicklung vorwegnehmende Reaktionen in der deutschen Öffentlichkeit und in Medien. Zum Beispiel Äußerungen der Art,  aufrechte Demokraten dürften nun nicht mehr nach Polen fahren oder man müsse Polen durch den Entzug von EU-Mitteln auf den rechten Pfad zwingen.“ Schulen, Städte und NGO’s sollten sich dazu verleiten lassen, Partnerschaften aufzukündigen. Dies würde „Verweigerung von Vertrauen und Kooperation“ bedeuten „in einer Phase, in der sie besonders gefordert sind und die junge Generation inspiriert werden sollte, Kontakte mit dem Nachbarland zu knüpfen.“

Lob für die Zurückhaltung der Bundesregierung

„Wir vertrauen auf die demokratischen Institutionen und die Zivilgesellschaft in Polen“, schreibt die Kopernikus-Gruppe. „Es ist zunächst deren Aufgabe, fragwürdige Entwicklungen zu benennen und nach Lösungen zu suchen.“ Deshalb „begrüßen“ es die Experten, „dass die deutsche Bundesregierung sich in dieser Übergangszeit mit öffentlichen Stellungnahmen zurückhält. Äußern sollte sie sich dann, wenn ein enger und bewährter Partner wie Polen tatsächlich europäisches Recht brechen sollte.“

Die Empfehlungen enthalten zugleich eine Warnung an die neue Regierung der rechtspopulistischen PiS-Partei in Warschau: „Der Versuch einer Regierung, strukturellen und dauerhaften Einfluss auf Institutionen zu gewinnen, die unabhängig von der Exekutive funktionieren müssen, sowie die Übernahme von Kontrolle über sie gefährdet die Gewaltenteilung. Unabhängige Gerichte und unabhängige Medien bilden das Fundament der demokratischen Rechtsordnung.“

Das Arbeitspapier der Kopernikus-Gruppe finden Sie hier.

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