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Politik: Deutschland bleibt Schlusslicht in Europa

Die deutsche Wirtschaft sucht nach Einschätzung von Experten weiter Anschluss beim Wachstum in Europa. In der Debatte über eine Reform des Euro-Stabilitätspaktes warnte das Weltwirtschaftsinstitut vor einer Aufweichung der Kriterien.

Kiel/München (10.03.2005, 15:05 Uhr) - Während das ifo-Institut an seiner Wachstumsprognose von 1,2 Prozent vorläufig festhält, haben andere Institute ihre Voraussagen reduziert: So geht das Weltwirtschaftsinstitut (IfW) nur noch von 0,6 Prozent (0,8 Prozent) aus, das Institut für Wirtschaftsforschung in Halle von 1,1 Prozent (nach 1,3) und das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung in Essen von 1,0 Prozent (nach 1,3). Die Bundesregierung bleibt bei ihrer Annahme von 1,6 Prozent Wachstum.

Deutschland wird laut Weltwirtschafts-Institut sowohl im Euroraum (1,4) als auch in der EU der 25 Staaten (1,7) auf dem letzten Platz landen. Dämpfend wirkten sowohl in Europa als auch weltweit der hohe Ölpreis und die Euro-Aufwertung. In der Debatte über eine Reform des Euro-Stabilitäts- und Wachstumspaktes warnte das IfW vor einer Aufweichung der Kriterien.

«Viele Regierungen befinden sich mit ihrer Finanzpolitik weiter auf unsolidem Kurs», befanden die Ökonomen. In diesem Jahr werden nach IfW-Berechnungen Deutschland, Frankreich, Italien und Portugal die in dem Pakt vereinbarte 3-Prozent-Defizitgrenze überschreiten.

Über den Zeitraum der vergangenen zehn Jahre hätte Deutschland damit von allen Ländern West- und Mitteleuropas im Schnitt das schwächste Wachstum aufgewiesen, sagte ifo-Präsident Hans-Werner Sinn in München. Lediglich Länder wie Rumänien und Bulgarien hätten noch niedrigere Raten. «Auch Deutschland hat derzeit einen kleinen Aufschwung, er befriedigt uns nicht, weil er zu schwach ist.»

Der Bundesverband Deutscher Banken senkte seine Wachstumsprognose für das laufende Jahr auf ein Prozent. Wegen der «Wachstumsdelle» zum Ende des vergangenen Jahres lasse sich die Prognose von einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts von 1,4 Prozent nicht mehr halten, heißt es im jüngsten Konjunkturbericht des Verbandes.

Die Europäische Zentralbank (EZB) sieht hingegen positive Signale für eine Belebung der Konjunktur. Die Wachstumsschwäche der Euro- Wirtschaft könnte bald ein Ende haben. «Die Belebung der Inlandsnachfrage und insbesondere des inländischen Verbrauchs könnte darauf hindeuten, dass die wirtschaftliche Erholung im Euroraum wieder etwas an Fahrt gewinnt», schreibt die EZB in ihrem am Donnerstag veröffentlichten Monatsbericht. Die Delle zum Jahresende 2004 sei allem Anschein nach ein «vorübergehendes Phänomen».

Wegen der schwachen Entwicklung zum Jahresende hat die EZB ihre Prognosen für 2005 allerdings nach unten revidiert. Das Bruttoinlandsprodukt werde statt 1,9 Prozent im laufenden Jahr nur um schätzungsweise 1,6 Prozent zulegen. Die Inflationsrate werde aber mit 1,9 Prozent unter der entscheidenden Schwelle bleiben.

Die deutsche Exportwirtschaft ist mit Volldampf ins neue Jahr gestartet. Nach der Abkühlung im zweiten Halbjahr 2004 ist der Wachstumsmotor für die Konjunktur wieder in Schwung gekommen. Das unerwartet starke Plus nährt die Hoffnung auf eine wirtschaftliche Erholung im ersten Quartal. Im Januar führten deutsche Unternehmen Waren im Wert von 60,7 Milliarden Euro aus - das waren 9,5 Prozent mehr als vor einem Jahr, berichtete das Statistische Bundesamt in Wiesbaden. Im Vergleich zum Dezember 2004 nahmen die Exporte kalender- und saisonbereinigt um 6,1 Prozent zu. (tso) ()

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