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Politik: Deutschland fehlen jetzt auch Akademiker

Nach dem Pisa-Schock neue OECD-Studie: Zu wenig Studierende, zu wenig Weiterbildung

Berlin - Nach den schlechten Pisa-Ergebnissen bekommt das deutsche Bildungssystem erneut alles andere als gute Noten: 2001 ergab eine Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), dass die deutschen Schulen im internationalen Vergleich bestenfalls Mittelmaß sind. Jetzt zeigt ein neuer Bericht der OECD, dass Deutschland im Hochschulbereich international weiter an Anschluss verliert. Deutschland sei „trotz erkennbarer Anstrengungen“ bei der Ausbildung von Hochqualifizierten „zurückgefallen“, heißt es in der Studie „Bildung auf einen Blick“, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde.

Der Anteil von Hochschul- und Fachhochschulabsolventen steige zu langsam, um den Fachkräftemangel aufzufangen. Im 30 Staaten umfassenden OECD-Raum bilden nur die Tschechische Republik, Österreich und die Türkei weniger Akademiker aus als Deutschland. So absolvieren nur 20,6 Prozent eines Altersjahrgangs ein Studium – gegenüber dem Jahr 2000 lediglich eine Steigerung von 1,3 Prozent. Andere Länder verbesserten ihre Absolventenquote weitaus stärker: In der Schweiz stieg sie um 15,5 Prozent, in Italien fast um das Doppelte. Im OECD- Durchschnitt absolvieren 34,8 Prozent eines Jahrgangs ein Studium.

Negativ bewertet die OECD auch die berufliche Weiterbildung in Deutschland. Nur zwölf Prozent der 25- bis 64- Jährigen nahmen 2004 an Weiterbildungsmaßnahmen teil. Im internationalen Vergleich sind es 18 Prozent. Besonders benachteiligt seien allerdings die Geringqualifizierten: Nur drei Prozent der Erwachsenen ohne Berufsausbildung bilden sich weiter, weniger als die Hälfte des OECD-Schnitts.

Der deutschen Schulpolitik, die nicht im Mittelpunkt dieser Studie stand, empfiehlt die Organisation vor allem einen anderem Umgang mit den Lehrern. Ihre Gehälter, die heute 80 Prozent der Bildungsausgaben im Schulbereich ausmachen, sollten flexibler gestaltet werden – mit motivierenden Leistungsanreizen.

Dass die deutschen Schüler ihre Pisa-Ergebnisse in den letzten Jahren deutlich verbessern konnten, führten Politiker vor einem Jahr vor allem auf einen „Mentalitätswechsel“ hin zu mehr Leistungsbereitschaft an Schulen und in Elternhäusern zurück. Der Leiter der OECD-Bildungsstudien, Andreas Schleicher, forderte jetzt ein grundsätzliches Umdenken auch für Hochschulen und für den Bereich der beruflichen Weiterbildung. Um die aufgrund der demografischen Entwicklung ohnehin knappen Bildungsreserven in Deutschland auszuschöpfen, müsse der Hochschulzugang erheblich erleichtert werden. Insbesondere die Übergangschancen von der Berufsausbildung an die Hochschulen müssten sich verbessern.

Der Staatssekretär im Bundesbildungsministerium, Andreas Storm, kündigte einen „Zwischenspurt“ in der Bildungspolitik an. So werde Bundesministerin Annette Schavan (CDU) noch in diesem Jahr mit den Ländern den Hochschulpakt aushandeln. Von zusätzlichen Investitionen sollten die geburtenstarken Jahrgänge profitieren, die in den kommenden Jahren noch an die Hochschulen kommen. „Wir müssen alle Bildungsreserven mobilisieren“, sagte Storm. Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Ute Erdsiek-Rave (SPD), sieht Reserven vor allem bei Kindern aus bildungsfernen Schichten und Migrantenfamilien. Durch konsequente Sprachförderung müssten ihnen die Übergänge von der Kita zur Schule in Ausbildung oder Studium erleichtert werden.

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