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Politik: Deutschland soll von der Schweiz lernen Wirtschaftsweise fordern striktere Schuldenregeln

Berlin - Lange Zeit war es in Deutschland relativ einfach für die Regierungen, an der Verfassung vorbei neue Schulden zu machen. Zwar gab es Regeln, die ein Ausufern vermeiden sollten: nur so viele neue Schulden, wie auch Investitionen im jeweiligen Haushalt vorgesehen waren.

Berlin - Lange Zeit war es in Deutschland relativ einfach für die Regierungen, an der Verfassung vorbei neue Schulden zu machen. Zwar gab es Regeln, die ein Ausufern vermeiden sollten: nur so viele neue Schulden, wie auch Investitionen im jeweiligen Haushalt vorgesehen waren. Aber wenn eine Regierung in die Bredouille kam, Abgaben nicht senken und auch Steuern nicht erhöhen wollte oder konnte, dann gab es das bewährte Instrument, eine „Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts“ zu erklären und dadurch die Schuldenbremse zu lockern. So stieg die Summe, mit der der Staat in der Kreide steht, immer weiter: Von 17 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 1970 auf 86 Prozent heute.

Damit soll bald Schluss sein. Denn bei der zweiten Stufe der Föderalismusreform wollen Bund und Länder härtere Schuldenregeln vereinbaren. Darauf dringt auch die Mehrheit des Sachverständigenrats beim Bundeswirtschaftsministerium (Fünf Weise) in einem Gutachten, das die Wissenschaftler am Montag Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) übergaben. Im Gegensatz zu einer Reihe von Politikern lehnen die Fünf Weisen ein Schuldenverbot ab: „ökonomisch unsinnig“, so ihr Urteil. Sie wollen zwar die Neuverschuldung weiter an die Investitionen binden, aber die Kriterien enger fassen. So soll jene Summe von den Investitionen abgezogen werden, die der Staat durch Privatisierungen erlöst. Damit würde die Neuverschuldung automatisch geringer ausfallen als bislang. In diesem Haushaltsjahr wären es beim Bund zum Beispiel 15 Milliarden Euro. Langfristig bedeutet das nach Ansicht der Gutachter eine Halbierung der Staatsschuld. Personalausgaben im Bildungswesen als Investitionen auszugeben, wie es vor allem SPD-Politiker fordern, lehnen die Wirtschaftsweisen ab.

Die „Störungs“-Regel soll nach dem Gutachten abgeschafft werden, da sie zu häufig angewandt wurde. Stattdessen soll ähnlich wie in der Schweiz eine „Schuldenschranke“ eingeführt werden, indem grundsätzlich nicht mehr ausgegeben werden darf, als der Staat einnimmt. Nur in wirtschaftlich schlechten Jahren soll es ein konjunkturbedingtes Finanzierungsdefizit geben dürfen, das dann in besseren Jahren durch Mehreinnahmen ausgeglichen werden muss. Die zulässige Verschuldung soll zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht überschreiten – andernfalls muss sofort abgebaut werden oder der Staat muss zum Ausgleich die Einkommensteuer erhöhen. Damit sind die Vorschläge der Wirtschaftsweisen härter als die bisherigen Euro-Stabilitätskriterien. Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) zeigte sich zufrieden: „Ausnahmeregeln zur Aufnahme von Schulden, die in der Vergangenheit nur allzu oft genutzt wurden, müssen in der Tat neu durchdacht und eng begrenzt werden.“ Auch SPD-Fraktionschef Peter Struck und der Stuttgarter Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) als Vorsitzende der neuen Föderalismuskommission begrüßten das Gutrachten.

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