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Politik: Deutschlands Zukunft: Interview: "Mit der CDU zu taktieren, würde die Grünen stärken"

Peter Lösche (62) ist Parteienforscher und Politikwissenschaftler an der Universität Göttingen. Der Bundeskanzler prüft seine Optionen, was mögliche Partner angeht.

Peter Lösche (62) ist Parteienforscher und Politikwissenschaftler an der Universität Göttingen.

Der Bundeskanzler prüft seine Optionen, was mögliche Partner angeht. Welche hat er?

Fast alle. Er kann mit drei kleinen Parteien spielen, sie auch gegeneinander ausspielen, und mit einer großen - der CDU/CSU. Die kleinen sind FDP, Grüne und PDS. Die PDS ist bei ihm durchaus ernsthaft im Kalkül.

Um sie zu instrumentalisieren oder um mit ihr zu koalieren?

Instrumentalisieren sowieso, aber auf Landesebene auch koalieren - auch in Berlin.

Wenn der Kanzler so viele Möglichkeiten hat, wie steht die CDU da?

Isoliert. Die CDU hat Hinweise, die in der Partei seit Jahren gegeben werden - am markantesten waren die von Wolfgang Schäuble im Bundestagswahlkampf 1998 - nicht ernsthaft genug aufgenommen, nämlich Fühler auszustrecken zu den Grünen. Das ist innerparteilich ein großes Problem für die CDU, weil sie die Grünen lange verteufelt hat. Dabei gibt es eine relativ breite Schnittmenge zwischen den Wertkonservativen in beiden Parteien.

Was steht in dieser Schnittmenge?

Zum Beispiel die Gentechnik. Das wird in beiden Parteien genährt aus unterschiedlichen Strömungen im Christentum. Eine vergleichbare Schnittmenge hat die CDU mit der FDP nicht. Auch was bestimmte neoliberale Ansätze angeht, gibt es diese Schnittfläche zwischen Union und Grünen.

Dafür könnte sich Schwarz-Grün bei Zuwanderung und innerer Sicherheit wohl nicht einigen.

Da bin ich nicht sicher, dass die Differenzen so wahnsinnig groß sind. Zwischen SPD und Grünen sind die ja auch überwindbar.

Was hätte die CDU davon gehabt, wenn sie Schäubles Rat beherzigt hätte?

Sie hätte sich Koalitionsoptionen geschaffen. In einigen Großstädten erprobt sie Schwarz-Grün ja, zum Beispiel in Saarbrücken. Sich das auch auf Länder- oder gar Bundesebene offen zu halten, hätte taktische Vorteile.

Weil man dann nicht so angewiesen ist auf einen bestimmten Partner?

Ja. Im Moment ist die CDU angewiesen auf die FDP, und wenn Schröder der FDP Avancen macht, dann ist klar, dass die FDP die aufnimmt und selber taktiert. Genau das gleiche könnte die CDU mit den Grünen machen. Das würde die Grünen in der Koalition stärken, sie würden nicht mehr so an die Wand gedrückt, und die Union würde es ebenfalls stärken.

Wie stark ist Schröder wirklich?

Ich glaube, er ist genauso stark, wie er nach außen wirkt, also sehr stark. Er hat aus dem Desaster von 1999 gelernt. Damals war er in einer explosiven Lage, es ging um die Verabschiedung des 630-Mark-Gesetzes, und es war pures Glück, dass die Fraktion ihm nicht entglitten ist. Jetzt hat er die Fraktion unter Kontrolle, mit Hilfe von Struck. Sehr wichtig ist auch Wilhelm Schmidt als erster parlamentarischer Geschäftsführer, der im Hintergrund eine ganz wichtige Rolle spielt, und die Garde der parlamentarischen Staatssekretäre. Und auch zur Partei gibt es eine klare Absprache. Schröder tritt als der große Krisenmanager auf, den Rest besorgt Müntefering.

Ist die FDP wirklich attraktiv für Schröder?

Schröder weiß genau, dass er mit FDP und Grünen könnte, und hält sich die Optionen offen. Falls es zu einem polarisierten Wahlkampf kommt, könnten beide zerrieben werden. Dafür ist die Berlin-Wahl jetzt ein guter Probelauf.

Der B, eskanzler prüft seine Optionen[was m]

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