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Diätenerhöhung: Kein Verständnis von Opposition und Verbänden

Die große Koalition ist in Erklärungsnöten. Seit 2003 haben die deutschen Parlamentarier keine Diätenerhöhung mehr bekommen, nun beanspruchen sei neun Prozent mehr in den nächsten zwei Jahren und wollen dafür bei ihren Pensionen Zugeständnisse machen. Verständnis oder gar Zustimmung erntet die Koalition dafür wenig.

Die Pläne der Koalition für eine Diätenerhöhung und die Neuregelung der Pensionen für Bundestagsabgeordnete stoßen auf breite Kritik. Die Opposition lehnt den Gesetzesentwurf genauso ab wie der Bund der Steuerzahler und der Sozialverband Deutschland.  „Altersvorsorge-Privilegien“ monieren die einen, "Selbstbedienungsmentalität" die anderen. Die große Koalition ist in Erklärungsnöten.

Der Parlamentarische Fraktions-Geschäftsführer der Unionsfraktion, Norbert Röttgen, sprach daher auch von einem „ausgewogenen“ und „vernünftigen“ Vorschlag. Röttgen und sein CSU-Amtskollege Hartmut Koschyk verwiesen darauf, dass die Einkünfte von Bundesrichtern und Bürgermeistern kleiner Städte als Vergleichsmaßstab bereits seit 1995 gesetzlich festgelegt seien. SPD-Fraktionschef Peter Struck räumte ein, dass die SPD bei der Altersversorgung „gern größere Kürzungen vorgenommen“ hätte, dies aber in den Verhandlungen mit der Union nicht möglich gewesen sei. Er wies auf die Nullrunden der letzten Jahre hin und erklärte, er gehe davon aus, dass auch die Parlamentarier der Opposition die angehobenen „Diäten nehmen“ würden.

Abgeordnete im Beamtenstatus

Doch die Opposition spart nicht an Kritik: FDP-Chef Guido Westerwelle monierte, die Pläne der Koalition seien nicht geeignet, „den Vorwurf der Selbstbedienung aus der Welt zu schaffen.“ In ihrer Fraktionssitzung stimmte die FDP geschlossen gegen den Vorschlag. Zentraler Kritikpunkt ist nach Angaben eines Sprechers, dass es keinerlei strukturelle Reformen der Diäten gebe. Das Selbstverständnis der Abgeordneten entwickle sich vielmehr in Richtung eines Beamtenstatus, den die FDP ablehne. Westerwelle bekräftigte die FDP-Forderung nach Einrichtung einer unabhängigen Kommission beim Bundespräsidenten, die die Höhe der
Diäten festlegt.

Links-Fraktionschef Gregor Gysi gab zu bedenken, es sei angesichts von "2,6 Millionen armen Kindern in Deutschland“, einer großen Zahl von Arbeitslosen und ganz geringen Lohnsteigerungen „nicht der Zeitpunkt, daran zu denken, die eigenen Diäten zu erhöhen». Und auch Grünen-Fraktionschefin Renate Künast kritisierte, während die Entscheidung über Mindestlöhne für die Koalition „offenkundig so ungeheuer schwierig“ sei, gehe es in der Diätenfrage ganz schnell. Abgeordnete müssten angemessen bezahlt werden, aber sie sollten “keine Altersvorsorge-Privilegien“ bekommen.

Falsches Signal an die Bürger

Reiner Holznagel, Geschäftsführer beim Bund der Steuerzahler, sprach von „einem falschen Signal an die Bürger“ und forderte die Abschaffung der steuerfreien Kostenpauschale für Parlamentarier. Der Sozialverband Deutschland verlangte, Bundestagsabgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen. Verbandspräsident Adolf Bauer sagte, der Vorschlag von Union und SPD sei „völlig unzureichend“. Derzeit erhielten Politiker nach acht Jahren im Bundestag eine Rente von 1542 Euro. „Dafür müssen normale Bürger ein Leben lang arbeiten.“

Der Bundestag berät am Freitag erstmals über den Entwurf. Er sieht eine Erhöhung der Diäten um rund 660 Euro auf 7668 Euro in den kommenden zwei Jahren vor. Zum 1. Januar 2008 sollen die Bezüge um 330 Euro steigen und zum 1. Januar 2009 um weitere 329 Euro. Die Neuregelung soll den Steuerzahler rund 2,4 Millionen jährlich kosten. Die Altersbezüge der Abgeordneten sollen dagegen langsamer wachsen als bisher.

(dpa/ddp)

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