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Politik: "Dialog zwischen Regierung und PKK noch in weiter Ferne"- trotzdem vorsichtiger Optimismus in Deutschland

Mit "vorsichtigem Optimismus" reagierte der Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir (Bündnisgrüne) auf die Nachricht, dass die PKK dem Aufruf ihres Führers Öcalan zum Gewaltverzicht folgen wolle. Notwendig sei eine "realistische Einschätzung der Lage", und die besage, dass der Türkei "umfassende Reformen an Haupt und Gliedern" bevorstünden, sagte Özdemir am Donnerstag dem Tagesspiegel.

Von Matthias Schlegel

Mit "vorsichtigem Optimismus" reagierte der Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir (Bündnisgrüne) auf die Nachricht, dass die PKK dem Aufruf ihres Führers Öcalan zum Gewaltverzicht folgen wolle. Notwendig sei eine "realistische Einschätzung der Lage", und die besage, dass der Türkei "umfassende Reformen an Haupt und Gliedern" bevorstünden, sagte Özdemir am Donnerstag dem Tagesspiegel. Erst wenn in dem Land ein konsequenter Kurs in Richtung einer Demokratisierung und Meinungsfreiheit verwirklicht werde, könne man auch an eine erfolgreiche Lösung der Kurdenfrage gehen.

Özdemir, der kürzlich mit Bundesaußenminister Joschka Fischer (Bündnisgrüne) die Türkei besucht hatte, sagte, es sei eine Illusion zu hoffen, dass es in absehbarer Zeit einen offiziellen Dialog zwischen türkischen Politikern und der PKK geben werde. Allerdings äußerten nicht nur nationalistisch geprägte, sondern auch durchaus moderate Leute in der Türkei die Meinung, dass die PKK ein Hindernis auf dem Weg zur Demokratisierung des Landes sei. Insofern entfalle dieses Argument nun, wenn die PKK tatsächlich ihren bewaffneten Kampf einstellen sollte. "Die Voraussetzungen werden auf jeden Fall erleichtert, wenn nicht geschossen wird", sagte der Politiker.

Seiner Ansicht nach hat die PKK "den Krieg im Grund genommen militärisch verloren". Das Problem sei, die PKK-Kämpfer von den Bergen herunterzubekommen". Denn leider gebe es keine Amnestie und somit keine Garantie für ihre Unversehrtheit. Auf die Frage, ob die Organisation auch außerhalb der Türkei dem Kurs des Führungsrates folgen und den Kampf einstellen werde, sagte Özdemir, es habe sich gezeigt, dass der "Apparat gut funktioniert und stalinistisch geführt" sei. Das biete eine gewisse Gewähr, dass man den Befehlen des Führungsrates folgen werde. Gleichwohl wollte der Grünen-Bundestagsabgeordnete nicht ausschließen, dass sich andere linksradikale Organisationen "als Trittbrettfahrer betätigen" könnten.

Nach Überzeugung des Vorsitzenden des Zentrums für Türkeistudien an der Universität Essen, Faruk Sen, werde es nun sehr stark vom Verhalten des harten Flügels innerhalb der PKK abhängen, ob mit der Erklärung des PKK-Führungsrates ein Friedensprozess eingeleitet werden kann. Wenn dieser radikale Flügel, von dem niemand wisse, wie mächtig er wirklich noch sei, den Kampf fortsetze, werde die Position Öcalans in Frage gestellt, sagte er dieser Zeitung.

Was die Position der türkischen Regierung anbelange, so habe sie jetzt erstmals ein Signal gesetzt, indem sie ausdrücklich jede Aktivität begrüßt habe, die einen Beitrag zum Frieden leiste. "Wenn die PKK tatsächlich die Waffen niederlegt, dann ist die türkische Regierung am Zuge: dann muß sie ein Reuegesetz in die Wege leiten." Damit werde die Wiedereingliederung der PKK-Kämpfer ermöglicht, denn "es ist illusorisch, daß alle PKK-Kämpfer ins Ausland gehen", sagte Faruk Sen.

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