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Politik: Dicke Luft

Im Streit um den Emissionshandel fordert der Kanzler Solidarität mit Clement. Der soll Umweltminister Trittin auf Kurs bringen

Es dauerte nicht allzu lange, bis der Kanzler ungemütlich wurde. Nachdem sich der eine oder andere aus der eigenen Bundestagsfraktion kritisch mit Wirtschaftsminister Wolfgang Clement und dessen Plänen zum Emissionshandel auseinander gesetzt hatte, polterte Gerhard Schröder los. Er habe wenig Verständnis dafür, dass die „Interventionsmacht der Grünen in die eigene Fraktion hineinreicht“, sagte der Kanzler. Gemeint waren mit dieser Attacke unter anderem der Bonner Sozialdemokrat Ulrich Kelber, aber auch Genossen wie Hermann Scheer. Beide hatten Schröder und Clement wiederholt geärgert, weil sie öffentlich und intern eher beim grünen Bundesumweltminister Jürgen Trittin als bei den eigenen Freunden gelegen hatten.

Im Kern geht es bei dem Streit um die Frage, ob der von Trittin vorgelegte Entwurf für den Emissionshandel dem Klima mehr hilft als die Vorstellungen von Clement, der – zumindest auf den ersten Blick – die Interessen der Kohlelobby verficht. Trittin hat die Energieunternehmen der Republik gegen sich, weil sie – trotz unterschiedlicher Einzelinteressen – seine Pläne ablehnen. Der Essener RWE-Konzern etwa hat kürzlich ultimativ gedroht, die Milliarden-Investition in ein neues Braunkohlekraftwerk am Niederrhein zurückzustellen, weil sie Trittin nicht trauen und ihnen die langfristige Sicherheit beim Bau des neuen Kraftwerkes mit höherem Wirkungsgrad fehlt. Sie monieren vor allem, dass in Trittins Entwurf unklar ist, was in der Zeit nach 2012 mit den Handelsrechten passiert. „Das können wir uns nicht leisten, weil wir ein solches Kraftwerk über einen viel längeren Zeitraum abschreiben, wir aber wissen, dass die Fantasie der Grünen unermesslich ist, wenn es darum geht, die Kohle aus dem Markt zu drängen“, erklärt ein führender Manager des RWE-Konzerns.

Schröder und Clement wollen die eigene Fraktion und den grünen Koalitionspartner nun auf eine Strategie verpflichten, in der CO2-Emissionen gesenkt und Investitionen getätigt werden. „Ich bin zuversichtlich, dass wir uns einigen“, hat der Wirtschaftsminister deshalb jetzt zu Protokoll gegeben. Immerhin hat Schröder seinen Kanzleramtschef vergattert, die beiden Streithähne zu einer einheitlichen Position zu bewegen. Dabei werden Clement Stellungnahmen des Wuppertal-Institutes und des Essener RWI helfen, die übereinstimmend davor warnen, Trittins Pläne umzusetzen, der auf Gas als künftigen Energieträger setzt. Sowohl die Forscher aus Wuppertal wie die Essener RWI-Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass die Vorlage von Trittin weder diese Investitionen auslösen wird noch Anreize bietet, neue Kohlekraftwerke zu bauen. Eher würden somit die alten Kohleanlagen unbestimmt weiterarbeiten.

„Damit verzichten wir auf gewaltige Einsparpotenziale von CO2“, sagt NRW-Energieminister Axel Horstmann. „Die Investoren brauchen langfristige Sicherheit“, verlangt er. Und fügt hinzu: „Mir geht es weniger darum, RWE und andere reich zu machen, ich will saubere Luft und Investitionen für das Land.“ Clement setzt darauf, seinen Kollegen Trittin am kommenden Freitag davon überzeugen zu können.

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