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Politik: Die 21 Entführten müssen im philippinischen Dschungel in einer Bambushütte hausen

Ihre Gesichter sind gezeichnet von Angst und Erschöpfung, die Füße zerschunden von kilometerlangen Märschen durch den Dschungel. Über eine Woche sind die 21 Menschen, darunter eine dreiköpfige Familie aus Göttingen, nun schon in der Gewalt der extremistischen Moslemgruppe Abu Sayyaf, und inzwischen ist der erste Schrecken reiner Verzweiflung gewichen.

Ihre Gesichter sind gezeichnet von Angst und Erschöpfung, die Füße zerschunden von kilometerlangen Märschen durch den Dschungel. Über eine Woche sind die 21 Menschen, darunter eine dreiköpfige Familie aus Göttingen, nun schon in der Gewalt der extremistischen Moslemgruppe Abu Sayyaf, und inzwischen ist der erste Schrecken reiner Verzweiflung gewichen. "Die Bedingungen hier sind schlecht und sie werden jeden Tag schlimmer", sagt der 57-jährige Erdkundelehrer Werner Wallert.

Auf 20 Quadratmetern in einer Bambushütte müssen die Entführten ausharren, inmitten der betäubenden tropischen Hitze. Eine Libanesin hält ihren Freund an der Hand, als sie von der philippinischen Fernsehjournalistin Arlyn de la Cruz, die als erste Medienvertreterin von den Terroristen eine Besuchserlaubnis erhielt, gefilmt wird. Renate Wallert kann die Fassung nicht wahren und drückt ihr tränenüberströmtes Gesicht in ein Handtuch. Sie scheint am Rande eines Zusammenbruchs. "Es wird immer schlimmer", sagt sie. Und ihr Sohn Marc fleht: "Ich will hier nicht sterben. Bitte helft uns." Alle sind mit den Nerven am Ende, blass und müde. Die meisten Geiseln leiden an Bauchschmerzen. "Wir brauchen hier eine friedliche Lösung", sagt Werner Wallert mit fester Stimme.

In dem Dschungelversteck nahe des abgelegenen Dorfs Samak fehlt es an allem. Keine frische Kleidung, keine Medikamente - den Speiseplan bestimmt der Urwald. Für die Frauen unter den Geiseln gibt es keine Binden, Toilettenpapier existiert nicht. "Wir werden aber nicht terrorisiert", betont Wallert vor der Kamera der philippinischen Fernsehjournalistin, als hätten ihm die Entführer diese Worte diktiert. Doch die Gefangenschaft an sich ist ohnehin schlimm genug: Nach ihrer Verschleppung am Ostersonntag mussten die Entführten 20 Stunden auf engen Booten zubringen, die sie zu der Insel Jolo im Sulu-Archipel brachte - eine Gegend, die viele traurige Geschichten von Mord, Erpressung und Geiselnahme kennt. So entführten dort Moslemextremisten 1993 zwei Karmeliter-Schwestern, eine von ihnen wurde mehrfach vergewaltigt. Dass sie sich anschließend umbrachte, ist noch heute Gesprächsthema auf dem Eiland in der Sulu-See.

Frank Brandmaier

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