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Politik: Die Art, wie Clement mit den Grünen verhandelt, verstößt gegen die guten Sitten (Kommentar)

Wenn Wolfgang Clement zu Koalitionsgesprächen mit den Grünen geht, dann drückt seine Miene zu etwa gleichen Teilen Ekel und Trauer aus. Man denkt unwillkürlich: Was muss der Mann darunter leiden, dass er gezwungen ist, mit dieser nichtswürdigen Partei überhaupt zu sprechen.

Wenn Wolfgang Clement zu Koalitionsgesprächen mit den Grünen geht, dann drückt seine Miene zu etwa gleichen Teilen Ekel und Trauer aus. Man denkt unwillkürlich: Was muss der Mann darunter leiden, dass er gezwungen ist, mit dieser nichtswürdigen Partei überhaupt zu sprechen. Es ist übrigens haargenau das gleiche Gesicht, das er zu jener Zeit aufsetzte, als der Staatssekretär Clement dem Ministerpräsidenten Rau stumm sagen wollte: Hau endlich ab! Das Gesicht des Wolfgang Clement kann ziemlich beleidigt sein - und sehr beleidigend zugleich. Auch eine Kunst.

Darüber könnte man hinweggehen, wenn dieser Gesichtsausdruck nur eine persönliche Eigenheit wäre. Er ist jedoch Teil einer Demütigungskampagne, die die politische Kultur verändert. Denn als Voraussetzung von Koalitionen galt bisher: der Respekt. Was Clement mit den Grünen vorexerziert, hat eher etwas von Jelzin und Gorbatschow in der Duma, etwas Russisches: Demütigung des Schwächeren, wo immer möglich.

Angefangen hat es mit der demonstrativen Begegnung zwischen Clement und Möllemann. So aufgeräumt traten sie hernach vor die Presse, als hätten sie hinter verschlossenen Türen einen Quickstep aufs Parkett gelegt. Mindestens. Und der Mienenspieler war heiter, sehr heiter. Sodann setzte die SPD ein Papier in Umlauf, das alles enthielt, was ihr am Koalitionspartner nicht passt. Eine Art rote Quengelliste. Da Clement - nebenbei gesagt: auch ein Wahlverlierer - nun auf Druck der Bundes-SPD doch ein bisschen verhandeln muss, setzt er die Grünen unter Zeitdruck. Binnen einer Woche muss die Angelegenheit vom Tisch sein.

Um dem ganzen unwürdigen Verfahren noch eine besondere Note zu geben, verkündete Clement am Wochenende, er wolle Möllemann über den Stand der Koalitionsverhandlungen mit den Grünen "auf dem Laufenden" halten. Das erfüllt natürlich den Tatbestand der Parallelverhandlung. So wird der Anspruch verworfen, Koalitionen sollten mehr sein als nur die Addition von Stimmen, könnten gar einem Konzept folgen, ein Signal an die Bürger richten. Clement inszeniert die Verhandlungen als Unterbietungswettbewerb zwischen den kleineren Parteien. Am Ende ist in Düsseldorf alles Aldi.

Wie Clements nächste Quälstufe für die Grünen aussehen wird, kann man sich leicht vorstellen. Bisher galt es in Deutschland - nicht in Russland - als unfein, dem Koalitionspartner in Personalfragen reinzupfuschen. Clement jedoch zeigt offen, dass die Grünen auf Bärbel Höhn verzichten müssen, wenn sie überhaupt noch eine Chance haben wollen. Und weil die Grünen nicht die Kraft haben, von sich aus und rechtzeitig die Umweltministerin aus dem Spiel zu nehmen, werden sie sie später in einem neuerlichen Akt der Unterwerfung zurückziehen.

Wir erleben in Düsseldorf zurzeit einen bemerkenswerten Beitrag zur Verrohung der politischen Sitten. Vielleicht sollte Wolfgang Clement einfach sofort mit der FDP verhandeln. Das wäre wenigstens ehrlich. Und nicht ganz so unappetitlich.

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