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Politik: „Die Aufteilung ist nicht optimal“

Die designierte Forschungsministerin Schavan verliert eine Milliarde Euro ans Wirtschaftsministerium

Frau Schavan, welche Referate geben Sie an das Wirtschaftsministerium ab?

Wie in den Sondierungsgesprächen vereinbart, gehen die Raumfahrttechnik sowie vier Referate aus dem Bereich der neuen Technologien ins Wirtschaftsministerium: Nanotechnologie, optische Technologien, Mikrosystemtechnologie und Produktionssysteme.

Wie viel Substanz verliert ihr Ministerium?

Das, was wir abgeben, macht etwa eine Milliarde Euro aus. Das bedeutet weder eine Zerschlagung des Forschungsministeriums, noch ist damit eine sinnvolle Forschungspolitik aus meinem Hause in Frage gestellt.

Eine gute Milliarde aus einem Forschungsetat von 4,9 Milliarden ist eine Menge. Sie verlieren massiv an Gestaltungsspielraum: Die Forschungsgemeinschaften, die ihren größten verbleibenden Etat ausmachen, bestimmen ihr Programm selber.

Die Unabhängigkeit der Forschungsorganisationen ist ein hohes Gut, das letztlich der Forschungspolitik zugute kommt. Wichtig wird jetzt sein, dass wir innerhalb der Regierung vernünftige Absprachen zustande bringen, um das Ziel einer Forschungspolitik aus einem Guss zu erreichen. Union und SPD wollen eine Bündelung aller Forschungsaktivitäten – auch der Anteile, die in anderen Ministerien sind. Das kann am Anfang der Legislaturperiode nicht über Ressortzuschnitte gelingen, wir werden das zunächst zwischen den Häusern koordinieren.

Sind Sie vielleicht mit dem Ausgang des Streits gar nicht so unglücklich und gewinnen am Ende Kompetenzen dazu?

Die Aufteilung zwischen Forschung und Wirtschaft entspricht nicht meinen Wunschvorstellungen und sie ist keine optimale Lösung. Aber sie entspricht Vereinbarungen, die von allen eingehalten werden müssen. Ab heute ist der Streit beendet – zugunsten vernünftiger Wege der Zusammenarbeit. Wir werden in den Koalitionsvertrag Schwerpunkte aufnehmen, die sich auf die Gesundheitsforschung, auf Verkehrstechnologie und auf Sicherheitstechnik beziehen – und auf die im Wirtschaftsministerium neu angesiedelten Technologien. Wir werden eine Politik machen, die Innovationen freisetzt und den Forschungsstandort Deutschland international an die Spitze bringt.

Präsidenten der Forschungsorganisationen haben kritisiert, dass durch die Ressortaufteilung Grundlagenforschung und anwendungsorientierte Forschung auseinander gerissen werden.

Der Grundsatz, wonach Grundlagenforschung und angewandte Forschung zusammengehören, ist von allen Partnern akzeptiert. Die jetzige Verlagerung ist nicht schön, aber in der Vergangenheit bereits mehrfach praktiziert worden. Ziel ist ein möglichst weit gehender Konsens über die Clusterbildung. Daraus ergeben sich neue Verbindungen zwischen Grundlagen- und Anwendungsforschung: Wir werden die gesamte Wertschöpfungskette im Blick haben.

Definitiv entwertet wird in Ihrem Ministerium der Bildungsbereich: Kompetenzen für Schule und Hochschule sollen an die Länder gehen. Was bleibt Ihnen da zu tun?

Der Bildungsbereich wird deshalb nicht entwertet, weil die berufliche Bildung beim Bund liegt, davon sind zwei Drittel der Schüler in Deutschland betroffen. Hier gibt es viel zu tun: bei der Stärkung der dualen Ausbildung, bei Prozessen der europäischen Anerkennung von Berufsabschlüssen – und vor allem für schulschwache Jugendliche, die ausbildungsfähig gemacht werden müssen.

Das Gespräch führte Amory Burchard.

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