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Streitobjekt Maut. Die Bundesregierung und die EU haben sich geeinigt.

© dpa

Die Bayern-Maut: Am Ende kommt es anders

Autofahrer mit umweltfreundlichen Pkw sollen bei der Kraftfahrzeugsteuer stärker entlastet als durch die Maut belastet werden. Dies könnte der Einstieg in eine ökologische Reform der Kraftfahrzeugsteuer sein. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Gerd Appenzeller

Manche Komplimente sind verkappte Drohungen. Als der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer verkündete, er wolle seinen Generalsekretär ausgerechnet als Bundesverkehrsminister nach Berlin schicken, wurde er gefragt, ob dies angesichts der absehbaren Probleme bei der Umsetzung der bayerischen Mautpläne nicht eine riskante Ressortwahl sei. Seehofer antwortete darauf mit leicht maliziösem Lächeln: „Ein Alexander Dobrindt scheitert nicht.“ Das war am 15. Dezember 2013. Dobrindt wusste fortan, woran sein politisches Schicksal hing.

Knapp drei Jahre später hat er das unmöglich Scheinende erreicht. Die Europäische Union stimmt einem deutschen Plan zu, den Verkehr auf den Autobahnen auch für Personenkraftwagen mautpflichtig zu machen. Stückchen für Stückchen hatte der Verkehrsminister bis dahin nachbessern müssen. Denn natürlich war in Brüssel – so wie in Deutschland oder Österreich – niemand entgangen, dass diese ganz spezielle Maut mit Kostenerstattung für heimische Autofahrer nur einen Sinn hatte: österreichische Automobilisten auf deutschen Autobahnen zur Kasse zu bitten. Genau betrachtet ging es dabei eigentlich sogar nur um jene Stücke der A8 und der A93 in Bayern, auf denen der Verkehr zwischen Salzburg und Innsbruck rollt – und um eine Revanche an den Österreichern, die von deutschen Autofahrern Maut kassieren, hierzulande aber gratis unterwegs sind.

Beitrag zu einer sauberen Umwelt

Dass bei dem Kompromiss jetzt eine Maut herauskommt, bei der der Ertrag den Aufwand vermutlich nicht im erträumten Umfang übersteigt, ist nur eine Seite dieses Kuhhandels. Bei dem ging es mehr um bayerische Gesichtswahrung als um eine verkehrspolitisch vernünftige Maßnahme. Überraschend ist ein Nebeneffekt, dessen Wirkung nur langfristig beurteilt werden kann. Autofahrer mit besonders umweltfreundlichen Pkw sollen auf Druck der EU-Kommissarin Violeta Bulc bei der Kraftfahrzeugsteuer stärker entlastet als durch die Maut belastet werden.

Dies könnte der Einstieg in eine ökologische Reform der Kraftfahrzeugsteuer sein. Die bemisst sich bislang vor allem nach dem Hubraum und zusätzlich nach der Schadstoffklasse des Motors. Elektrofahrzeuge sind auf zehn Jahre ganz von der Steuer befreit. Wenn aber eine reformierte Kfz-Steuer Umweltsünder künftig generell stärker belasten und saubere Fahrzeuge noch mehr entlasten würde, könnte das den Umstieg zunächst auf Hybridautos oder solche ganz ohne Verbrennungsmotoren beschleunigen. Dann zeugte sogar der Plan der deutschen Autobauer von noch mehr Weitsicht, an den Fernstraßen ein durchgehendes Netz von Stromtankstellen zu errichten.

Die Autoindustrie wiederum könnte, weitergedacht, vom Drängen der Politik profitieren, leistungsfähige Batterien für die E-Autos endlich selbst zu entwickeln und nicht aus Asien zuzukaufen. Eine deutsche Vorzeigebranche dürfte so ihre globale Vormachtstellung behaupten.

Alles zusammen genommen würde einen Beitrag zu einer sauberen Umwelt ergeben, dessen positive Auswirkung die aller fragwürdigen Wärme-Isolierungen bei Häusern und energieeffizienten Geräten deutlich übertreffen würde. Eine andere Aufgabe bliebe freilich bei künftigen Finanzministern hängen: Bislang bringen die Kraftfahrzeugsteuer jährlich 8,8 Milliarden Euro und die Mineralölsteuer 39,5 Milliarden. So viel lässt sich durch keine Maut der Welt eintreiben.

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