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Politik: "Die Bevölkerung ist zu Veränderungen entschlossen", sagt der Publizist Bahman Nirumand

Bahman Nirumand (63) ist Schriftsteller und Publizist. Er floh 1982 aus Iran und lebt in Berlin und Frankfurt.

Bahman Nirumand (63) ist Schriftsteller und Publizist. Er floh 1982 aus Iran und lebt in Berlin und Frankfurt. Mit ihm sprach Lars von Törne.

Bei den Parlamentswahlen in Iran haben sich Reformer gegen Konservative durchgesetzt. Was bedeutet das für das Land?

Es ist eine wichtige Etappe. Aber mit dem Wahlerfolg haben die Reformkräfte noch längst nicht die Macht im Lande erobert. Wichtige Machtinstrumente sind nach wie vor in der Hand der Konservativen. So überprüft der Wächterrat weiter alle Gesetze und kann sie zurückweisen. Auch der Revolutionsführer Chamenei kann ebenfalls neue Gesetze verhindern.

Ist der Wahlerfolg der Reformer dennoch ein Schritt in Richtung Demokratisierung?

Das Ergebnis dieser Wahl demonstriert, dass die iranische Bevölkerung in ihrer Mehrheit zu Veränderungen entschlossen ist. Und die islamische Republik Iran ist - im Gegensatz zu vielen Diktaturen - auf die Unterstützung der Massen angewiesen. Und wenn die Massen Nein sagen, dann ist den Konservativen der Nährboden entzogen.

Werden die Konservativen versuchen, Widerstand gegen Reformen zu leisten?

Es wird sicherlich nicht ohne Gewalt und ohne Widerstand der Konservativen gehen. Die haben alles zu verlieren und werden alle Tricks und Instrumente einsetzen, um weitere Reformen zu verhindern. Aber dafür ist es zu spät. Das hätte vor drei Jahren vielleicht noch funktioniert, aber jetzt ist der Rückhalt der Konservativen in der Bevölkerung geschwunden. Das ist eine große Möglichkeit, tatsächlich Reformen einzuführen, die bisher wegen des Widerstandes der Konservativen steckengeblieben sind.

Wo erwarten Sie jetzt Reformen?

Zum Beispiel in der Wirtschaft. Es herrschen Chaos und eine ungeheure Korruption im Lande. Das gesamte System müsste reformiert werden und sich an einem klassischen Wirtschaftsaufbau orientieren und nicht an islamischen Vorstellungen festhalten, die nicht realisierbar sind. Auch muss die Pressefreiheit garantiert werden. Die Rechte der Frauen und Jugendlichen müssen erweitert werden, damit eine Gleichberechtigung zustande kommt. Das alles ist jetzt hoffentlich realisierbarer geworden.

Außenminister Charrasi zufolge hat die Wahl gezeigt, dass in Iran echte Demokratie herrscht. Stimmen Sie ihm zu?

Nein, in Iran herrscht längst noch keine echte Demokratie. Aber es gibt die Tendenz dahin. Schon die Tatsache, dass diese Wahlen halbwegs frei durchgeführt werden konnten, ist der Beweis dafür, dass die Ansätze vorhanden sind. Aber von einer demokratischen Gesellschaft kann man noch lange nicht sprechen. Es herrscht weiterhin eine rigorose Zensur, es gibt keine Freiheit der Meinungsäußerung, Menschenrechte werden verletzt, Oppositionelle werden verhaftet und gefoltert. Bis zu einer echten Demokratie ist es noch ein langer Weg.

Bei den Parlamentswahlen in Iran haben sich Reform

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