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Die Botschaft ist angekommen: Reformen in Marokko und Jemen angekündigt

Der König von Marokko und der Präsident Jemens haben jeweils Verfassungsreformen angekündigt, welche der Anfang vom Umbau ihrer politischen Systeme zu einer Demokratie sein könnten.

Berlin - Es hat eine Weile gedauert. Waren viele arabische Herrscher nach dem Sturz des tunesischen Präsidenten Ben Ali am 14. Januar noch der Überzeugung, solche Volksaufstände drohten ihnen nicht, so hat sie spätestens der Sturz des ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak eines Besseren belehrt. Die reflexartige Reaktion war dann vielerorts, gerade in den reichen Golfstaaten, die Verteilung von Geld und finanziellen Geschenken. So hat der Emir von Kuwait jedem Bürger 2000 Dollar geschenkt und Lebensmittelsubventionen für 14 Monate verkündet, um drohenden Unmut abzuwenden. Saudi-Arabien kündigte an, 25 Milliarden Euro zusätzlich für öffentliche Ausgaben bereitzustellen. Doch langsam scheint bei den ersten Herrschern der Region durchzusickern, dass es mit Almosen nicht getan ist, sondern die Menschen politische Partizipation, Rechenschaft und institutionalisierte Rechtsstaatlichkeit fordern. Der König von Marokko und der Präsident Jemens haben am späten Mittwoch Abend und Donnerstag Morgen jeweils Verfassungsreformen angekündigt, welche der Anfang vom Umbau ihrer politischen Systeme zu einer Demokratie sein könnten.

In seiner ersten Ansprache an die Nation seit den ersten Unruhen in Marokko am 20. Februar hat König Mohammed VI. am Mittwoch Abend im Fernsehen erklärt, zukünftig solle die stärkste Partei im Parlament den Premierminister stellen, der die „effektive exekutive Macht“ erhalten solle. Die Judikative soll als unabhängige Institution in der Verfassung verankert werden. Bisher suchte der König einen Premier aus ebenso wie Vertreter anderer Schlüsselministerien. Der König konnte das Parlament auflösen, Gesetze verändern oder am ohnmächtigen Parlament vorbei per Dekret durchsetzen. Das Parlament hat wenig Macht, es konnte den Haushalt nur annehmen oder ablehnen, nicht aber eigene Vorstellungen einbringen. Der Premier durfte nur einige Minister selbst bestimmen, konnte keine Kabinettssitzungen einberufen oder Minister entlassen. Wie viel Macht Mohammed VI. wirklich abgeben will, wird sich zeigen, wenn die einberufene Kommission bis Juni ihre Vorschläge zur Verfassungsreform vorlegt, über die das Volk in einem Referendum abstimmen soll.

Damit setzt Mohammed VI. seine Reformen von oben fort, die dem Land bereits stärkere Rechte für Frauen, die Aufarbeitung von Menschenrechtsverletzungen in der Vergangenheit und soziale Reformprogramme beschert haben. Bei den bisherigen politischen Reformen blieb allerdings immer der Verdacht, dass es dem Monarchen nur um einen „Stilwechsel“ geht. Der Vorsitzende der marokkanischen Partei für Islamische Gerechtigkeit und Entwicklung, Abdelilah Benkirane, zeigt sich in einer ersten Reaktion „fast überrascht“ von dem deutlichen Eingehen des Monarchen auf die Forderungen des Volkes.

In Jemen verkündete Präsident Ali Abdullah Saleh nicht weniger als den Umbau des Präsidialsystems in eine parlamentarische Demokratie. Alle Macht der Exekutive solle zukünftig beim gewählten Parlament liegen, sagte Saleh in einer Ansprache in Sanaa am Donnerstagmorgen. Über eine entsprechende Verfassungsreform sollten die Jemeniten noch in diesem Jahr abstimmen. Damit beugt sich Saleh einer der Hauptforderungen der Demonstrationen, die seit Wochen das Land erschüttern und bei denen bisher 30 Menschen starben. Doch anders als in Marokko lehnt die parlamentarische Opposition die Vorschläge Salehs, der seit über 30 Jahren im Amt ist, als „zu spät“ ab.

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