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Politik: Die CDU-Krise: Auf der Tagesordnung der heutigen Präsidiumssitzung

Die CDU trifft sich am heutigen Montag zur Krisensitzung in Berlin. Es ist eine entscheidende Sitzung des Präsidiums.

Die CDU trifft sich am heutigen Montag zur Krisensitzung in Berlin. Es ist eine entscheidende Sitzung des Präsidiums. Denn nach der Steuerreform-Niederlage im Bundesrat muss CDU-Chefin Angela Merkel die Partei auf Linie bringen. Merkel will aufarbeiten, was im Bundesrat geschehen ist. Warum es geschehen konnte. Merkel wird sagen: Wir sind in der Opposition angekommen. Doch es wird sich zeigen müssen, ob die Partei dies begriffen hat. Merkel wird eine neue Linie vorgeben. Sie wird eine strikte Blockadepolitik ablehnen. Doch ist diese Haltung konsensfähig in der Partei - in der Union? Denn auch die CSU trifft sich heute zur Vorstandssitzung in Nürnberg. Auch dort geht es um die Aufarbeitung der Bonner Niederlage. Generell muß sich die CDU für eine Neupositionierung ihren wichtigsten Problemen stellen. Dazu gehören die Rente, die CSU, die weitere Steuerdebatte, die schwindenden Koalitionsoptionen, die Schulden und Helmut Kohl.

Rente

Nun also die Rente. Wie wird sich die CDU diesmal verhalten? Nach der Niederlage im Bundesrat haben es Merz und Merkel doppelt schwer. Auch wenn die CDU gute Gründe haben mag, einem großen Rentenkonsens nicht zuzustimmen, wird sie bei einem Nein womöglich endgültig als Blockierer angesehen. Noch ist keine klare Linie bei der CDU zu erkennen. Unionsfraktionschef Merz sagt, man müsse auch mal auf Konfrontationskurs gehen. Merkel sagt, strikte Konfrontation allein sei auch nicht richtig. Sie sind gar nicht weit entfernt, die beiden. Doch draußen im Land versteht es keiner. Inhaltlich sorgt sich die CDU um die private Zusatzvorsorge und sieht im Riester-Modell zu wenig Anreize für private Sparer. Zudem fehlt der CDU die Familienkomponente. Beim demografischen Faktor streiten die großen Parteien darüber, wie stark das Rentenniveau absinken darf.

CSU

Er ist erfolgreich und beliebt. Laut Umfragen soll Edmund Stoiber, der bayrische Ministerpräsident und CSU-Chef, sogar der bisher beliebteste CSU-Poltiker aller Zeiten sein. Das macht ihn selbstbewusst und stark. Der neuen CDU-Führung um Merkel und Merz kann das nur bedingt recht sein. Denn Stoiber mischt kräftig mit in der Unionspolitik. Stoiber hat Sympathien für den konservativen Merz. Es fehlt nicht viel, und man könnte sagen: Merz - der junge Mann von Stoiber. Das kann Merkel gar nicht recht sein. Stoiber und Merz waren in der Ablehnung der Steuerreform auf einer Linie. Stoibers Truppen stehen geordnet. Bleibt die Frage: Wie schnell kann Merkel die eigenen Truppen so aufstellen, dass sie unabhängig vom bayrischen Einfluss bestehen können? Schließlich ist es bezeichnend, wenn es Stoiber ist, der vor den Kameras betont: Die CDU-Führung sei nicht angeschlagen.

Personal

Mit der Wahl Angela Merkels zur CDU-Chefin hat die Partei die wohl wichtigste Personalie im Jahr 2000 entschieden. Doch kaum war Merkel gewählt, begann die Diskussion, ob sie auch die geeignete Kanzlerkandidatin sei. Die CSU und Edmund Stoiber halten sich zwar so gut es geht bedeckt, doch ist es ein offenes Geheimnis, dass Bayerns Landeschef dann als Kanzlerkandidat antreten will, wenn er eine Siegchance gegen Schröder sieht. Nach der Niederlage im Bundesrat steht auch Unionsfraktionschef Friedrich Merz unter besonderer Beobachtung. Kann er seine Stärken jetzt noch entfalten, vor allem: Lässt man ihn? Kanzlerkandidat Merz - das ist zurzeit wohl die unwahrscheinlichste Variante. Aber es gibt ja andere: Zum Beispiel den eisenharten "Aufklärer" Roland Koch. Manche in der CDU schätzen den Hessen wegen seiner Resistenz gegen Kritik. Kohl lässt grüßen.

Steuer

Ganz ausgestanden ist das Thema Steuerreform für die CDU natürlich noch nicht.Denn nach der Sommerpause muss im Bundestag darüber abgestimmt werden, was Finanzminister Hans Eichel im Verbund mit den Ländern, die der Steuerreform im Bundesrat zugestimmt haben, vereinbart hat: Spitzensteuersatz nochmals um einen Punkt runter auf 42 Prozent, und halber Steuersatz für Mittelständler auf Veräußerungsgewinne bei Betriebsaufgabe. Eigentlich zwei Anliegen der CDU. Andererseits haben die meisten Unions-Länder im Bundesrat das nicht mitgetragen. Verzwickte Lage für Friedrich Merz, und in der Bundestagsfraktion gibt es Stimmen für und Stimmen wider die Zustimmung. Merz will das jetzt im CDU-Präsidium klären. CSU-Generalsekretär Goppel meint, man solle erst einmal abwarten, ob aus Eichels Zusage auch Realität werde.

Koalitionsoptionen

Ein wenig kurios ist es schon. Die CDU wankt von einer Krise in die nächste, aber die Umfrageergebnisse sehen die Union durchaus noch in erreichbarer Nähe der 40-Prozent-Marke. Dennoch hat die CDU ein Problem. Die FDP kommt ihr als Koalitionspartner abhanden. Schon auf dem FDP-Parteitag in Nürnberg war den Beobachtern klar, wohin die Reise der Liberalen gehen soll. Zurück in die sozialliberale Ehe. Selbst wenn die SPD nicht wirklich will, so kann sie mit dieser neuen Option entspannt in den nächsten Bundestagswahlkampf gehen. Die Grünen kann die SPD mit der FDP-Option unter Druck setzen, um am Ende doch das rot-grüne Bündnis weiterzuführen. Der CDU bliebe nur Schwarz-Grün. Auf mancher Kommunalebene funktioniert das schon ganz gut. Aber es Bedarf für ernsthaften, bundesweiten Erfolg eine Menge Überzeugungsarbeit - auf beiden Seiten.

Parteifinanzen

Geld her - oder Leben. Jedenfalls ist das Leben der Partei bedroht. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse verlangt nur für Helmut Kohls verschwiegene Spender 6,5 Millionen Mark. Diese Summe muss bis zum 21. August zurückgezahlt werden. Kein Wunder, dass der Altkanzler selbst neue Spender und Gelder sammelte. Das ist aber nur ein Teil der Rechnung. Hinzu kommen noch die 41 Millionen Mark, die die Bundestagsverwaltung als Rückzahlung wegen der Verheimlichung von schwarzen Konten der hessischen CDU verlangt. Damit wird die CDU zur späten Rechenschaft gezogen - auch für Rechenschaftsberichte, die nicht korrekt waren. Und was sie das kostet - auch an Ansehen. Nun muss sie sparen. Beim Personal und bei Werbekampagnen. Die neue Führung aber macht sich Mut. Kluge Köpfe, gute Ideen und flotte Sprüche, die kosten nicht viel Geld.

Helmut Kohl

Immer wieder Helmut Kohl. Wie ein großer, schwarzer Schatten, in dem die Partei verschwindet. Da mag man Lichtgestalten suchen, sie haben wenig Chancen. Der Ex-Ehrenvorsitzende, der seine Ehre zu verlieren droht, ist nur noch mit Spott zu fassen: Der Ehrenwort-Vorsitzende, so nennen sie ihn jetzt in der Union, aber hinter vorgehaltener Hand. Denn mächtig ist er immer noch. Noch ist die "Gruppe 94" klein, in der sich seine Anhänger sammeln. Aber sie führen schon das große Wort. Und Arnold Vaatz, der aus Sachsen kommt, wünscht sich stellvertretend für eine wachsende Anzahl von Christdemokraten, dass der vormalige Kanzler der "Einheit", am "Tag der Einheit" in Dresden sprechen möge. Und mögen dagegen auch noch so viele Akten sprechen, die bei Kohls Friedrich Bohl, dem ehemaligen "Bundesminister für besondere Aufgaben", gefunden werden.

Länderfinanzausgleich

Innerparteilichen Trubel gibt es auch beim Länderfinanzausgleich - und der wird noch zunehmen: Hier sind die Interessen der Länder mit Unions-Regierung oder Regierungsbeteiligung sehr unterschiedlich. Auch was den Zeitrahmen der anstehenden Reform angeht. Bayern, Baden-Württemberg und Hessen haben deutliche Ansichten: grundlegend soll die Reform sein. Die Ost-Länder Thüringen und Sachsen kochen ein eigenes Süppchen (Berlin und Brandenburg kochen mit), weil sie schnell Klarheit wollen über den mit dem Finanzausgleich verbundenen Solidarpakt. Das Saarland ist auch nach Lafontaine nicht reicher, Bremen ist ohnehin vom Bund abhängig. Sehr divergierende Interessen im Unionslager also. Irgendwie müssten sie koordiniert und zusammengeführt werden, meint zumindest CDU-Vize Annette Schavan. Aber wer soll das machen?

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