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Politik: Die Chemie stimmte nicht

Genuas Polizei beschlagnahmt deutsche Lieferung – für den Irak?

Von Frank Jansen

Von Thomas Migge, Rom,

und Frank Jansen

Eigentlich sollte es nur eine Routineuntersuchung sein. Bei einer Stichprobe am 2. Januar entdeckten die Experten der Finanzpolizei im Hafen von Genua auf einem Handelsschiff Container mit Behältern, in denen sich 50 Tonnen chemische Produkte befanden, die nicht deklariert worden waren. Die Tatsache, dass das Schiff nach Libyen auslaufen sollte, weckte bei den Beamten einen schlimmen Verdacht, und sie ließen die chemische Flüssigkeit umgehend untersuchen.

Wie erst jetzt durch Indiskretionen aus dem Innenministerium bekannt wurde, handelt es sich angeblich um eine Substanz, die auf einer schwarzen Liste der UN steht. Diese Liste enthält verbotene Substanzen, aus denen sich Kampfstoffe und Massenvernichtungsmittel produzieren lassen. Den ersten Untersuchungsergebnissen zufolge ließe sich aus der entdeckten Flüssigkeit ein besonders gefährliches Giftgas herstellen, wie es der Irak gegen die im Norden des Landes lebenden Kurden eingesetzt hat. Ein Gas, dessen Existenz die USA in unterirdischen Lagern im Irak vermuten.

Nach Informationen des Tagesspiegels stammen die Chemikalien möglicherweise aus einem Werk des deutschen Konzerns BASF. Offenbar handelt es sich um Morpholin, das unter anderem zur Produktion von Pflanzenschutzmitteln dient.Die Chemikalie gilt als nicht deklarationspflichtig.

Was die Behörden in Rom dennoch beunruhigt, sind die Hintergründe der Fracht. Der Tageszeitung „La Repubblica“ zufolge hätten die Behälter über Umwege den Hafen von Genua erreicht. So sollte die Herkunft des Materials verschleiert werden. Auftraggeber der Lieferung ist eine Gesellschaft aus Brüssel. Der Umstand, dass Belgien eines der europäischen Zentren islamischer Hardliner ist, hat Roms Geheimdienst veranlasst, sich an deutsche und belgische Kollegen zu wenden. „La Repubblica“ will erfahren haben, die Brüsseler Gesellschaft habe Kontakt zur belgischen Regierung und tätige seit Jahren Geschäfte mit italienischen Partnern.

Die italienische Staatsanwaltschaft vermutet, die Chemikalien sollten von Libyen in den Irak weitergeschickt werden. Das belgische Unternehmen rechtfertigte die Lieferung in das nordafrikanische Land. Es handelt sich nur, so ein Sprecher, um Material zur Herstellung von Pestiziden. Warum aber, fragen sich die italienischen Ermittler, wurde dann die Beschreibung der Substanz in den Lieferpapieren nicht aufgeführt?

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