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Markus Söder (l.) gilt als Kandidat für die Seehofer-Nachfolge.

© Peter Kneffel/dpa

Die CSU und die Flüchtlinge: Zwischen Seehofer und Söder passt kein Blatt

Einst waren Horst Seehofer und Markus Söder erbitterte Rivalen. Die Flüchtlingskrise hat sie offenbar zusammengeschweißt.

Es ist ein bemerkenswertes Männergespann, das in letzter Zeit die Schlagzeilen dominierte. Einst Rivalen, erscheinen die CSU-Führungsmänner Horst Seehofer und Markus Söder plötzlich wie ein Herz und eine Seele. Zumindest auf den ersten Blick. Vor allem das drastische Positionspapier des CSU-Parteivorstands, das jetzt auf dessen Klausurtagung im oberpfälzischen Schloss Schwarzenberg verabschiedet wird, lenkt den Blick auf die beiden Christsozialen. Die CSU verlangt etwa die Einführung einer Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen pro Jahr, die Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft, das Burka-Verbot und die Bevorzugung von Zuwanderern aus dem „christlich-abendländischen Kulturkreis“.

Seehofer erhält Aufmerksamkeit, weil er die Nummer eins ist – als CSU-Chef und bayerischer Ministerpräsident. Söder gelangt an die Öffentlichkeit, weil er die Gabe hat, in Interviews knackig Position zu beziehen. In den „Tagesthemen“ sagt er, der eigentlich bayerischer Finanzminister ist, recht großspurig und wie selbstverständlich über die Wahl in Mecklenburg-Vorpommern: „Wir dürfen das deutsche Volk nicht ignorieren.“ Der „Zeit“ gibt er ganzseitig Auskunft. Söders Auftreten hat ihn zum mittlerweile fast unangefochtenen Kandidaten für die Seehofer-Nachfolge gemacht.

Söder positioniert sich rechts von Seehofer

Zwischen den Ingolstädter Seehofer und den Nürnberger Söder passt derzeit kein Blatt, so scheint es zumindest. Über viele Jahre hinweg haben sie sich angefeindet und bekämpft, haben intrigiert und bekämpft.

Seit der Flüchtlingskrise aber scheinen sie ihr Verhalten aufs Beste aufeinander abgestimmt zu haben, treten als starkes politisches Paar auf. Söder positioniert sich dabei immer noch ein Stückchen weiter rechts von Seehofer, ein Stückchen lauter, schriller. Er spricht die Flüchtlingskritiker in der Bevölkerung direkter an. Etwa mit Vorstößen, den Jugendhilfesatz für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge zu kürzen oder mit Erwägungen, das Asylrecht aus dem Grundgesetz zu streichen.

Äußert sich Söder dann doch zu heftig, wird er zu sehr kritisiert, dann gibt Seehofer den älteren, reifen Landesvater. Er interveniert und zeigt dem Jüngeren, dass dieser etwas über die Stränge geschlagen hat. Innerhalb der Christsozialen wird der harte Flüchtlingskurs nahezu vorbehaltlos unterstützt, ja es wird sogar nach noch schärferen Forderungen gerufen. „In der Flüchtlingspolitik sind wir uns so einig wie fast noch nie“, sagt etwa ein Landtagsabgeordneter. Demgegenüber wird die CSU-Landesgruppe im Bundestag und vor allem deren Vorsitzende Gerda Hasselfeldt als viel zu zahm und Merkel-freundlich angesehen.

„Von Ehrgeiz zerfressen“

Das gegenwärtige Zusammenspiel von Horst Seehofer und Markus Söder darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Verhältnis der beiden weiterhin als komplett zerrüttet gelten kann. Söder hat in der Vergangenheit zu oft und zu laut gezeigt, dass er Seehofer unbedingt und möglichst bald als Parteichef und Ministerpräsident beerben will. Seehofer wiederum hat Söder vor einigen Jahren vor der Landtagspresse als „von Ehrgeiz zerfressen“ beleidigt und kritisiert, dass es bei ihm „zu viele Schmutzeleien“ gebe.

Söder arbeitet durchaus an sich, um das Image des „Ichlings“ zumindest in Teilen abzustreifen. Er hat erkannt, dass er ins seriöse Fach vordringen sollte. Wird er nach einer Bierzelt-Rede dafür gelobt, dass er in einer halben Stunde unterhaltend und verständlich das Wichtigste von der Kommunal- bis zur Weltpolitik abgehandelt hat, sagt er mit kalkuliertem Understatement: „Diese Fähigkeit erwarte ich von jedem Spitzenpolitiker.“ Söder kann einen auch im Gespräch ganz offenherzig anschauen und meinen: „Mich treibt einzig die Sorge um unser Land um.“

Im Vergleich zu Söder sind weitere Aspiranten auf die Seehofer-Nachfolge derzeit völlig abgehängt. Wirtschaftsministerin Ilse Aigner wirkt weiterhin recht unscheinbar. Ihr mangelt es offenkundig an einem gewissen Maß Aggressivität, das die Christsozialen von der Nummer eins wünschen. Und der kurzfristige Höhenflug von Innenminister Joachim Herrmann als Krisenmanager nach den Attentaten in Bayern ist auch wieder beendet.

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