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Politik: Die Ehre des Dr. Putin

Hamburg streitet um Universitäts-Auszeichnung

Hamburg streitet schon seit Wochen über Russlands Präsident Wladimir Putin – doch der Kreml schweigt dazu. Dem Staatschef soll im September die Ehrendoktorwürde der Universität Hamburg verliehen werden. Gegen diesen Vorstoß des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften haben sich 55 Professoren in einer Resolution gewandt. Unter Putins Führung nehme „die junge russische Demokratie zunehmend autoritäre Züge an“, heißt es in dem vom Dekan des Fachbereichs Sozialwissenschaften, Michael Greven, verfassten Aufruf. Eine solche akademische Ehrung werde laut Promotionsordnung nur für herausragende wissenschaftliche Leistungen verliehen, sagt Greven. „Womit die Ehrung für Putin hier verteidigt wird, das ist hanebüchen.“

Der russische Präsident werde für seine „ökonomische Leistung“ in St. Petersburg in den 90er Jahren ausgezeichnet, betont KarlWerner Hansmann, Vizepräsident der Universität Hamburg. Schließlich habe er die Marktwirtschaft dort mit eingeführt. Putin war in dieser Zeit stellvertretender Bürgermeister in der Stadt an der Newa. Dort bewegte er sich zwar im Dunstkreis der Wirtschaftsreformer, war aber selbst vor allem für Außenbeziehungen zuständig – und für ausländische Investoren. So konnte er Kontakte zu Unternehmern aus der Petersburger Partnerstadt Hamburg knüpfen.

Gegen eine Ehrung Putins in Hamburg sprachen sich auch Politiker von SPD und GAL aus. Dagegen stellten sich die beiden früheren Ersten Bürgermeister, Henning Voscherau (SPD) und Klaus von Dohnanyi (SPD), hinter die Hamburger Wirtschaftswissenschaftler. Voscherau legte den Kritikern gar nahe, sie sollten das „Maul halten“. Und Dohnanyi sprach von „Moralhütern“, die einen „Hamburger Skandal“ inszenierten.

Doch ein lokaler Skandal ist das Thema längst nicht mehr – nicht nur, weil es im Kern darum geht, wie Deutschland zur Politik des russischen Präsidenten steht. Putin kommt im September zum Petersburger Dialog in die Hansestadt, einem deutsch-russischen Gesprächsforum, das von ihm und Bundeskanzler Gerhard Schröder ins Leben gerufen worden war. Beim Petersburger Dialog im vergangenen Jahr sei die Idee mit dem Ehrendoktor für Putin entstanden, sagt Hansmann. Damals war Schröder die Ehrendoktorwürde der Universität St. Peterburg verliehen worden (siehe Kasten). Wollte sich die deutsche Seite nun dafür revanchieren? Druck aus Berlin habe es nicht gegeben, betonen sowohl die Universität als auch die Bundesregierung.

Menschenrechtsorganisationen und Studenten haben bereits Proteste gegen die Ehrung Putins angekündigt. Nun muss der Kreml sehr genau abwägen, was das kleinere Übel wäre: die Gegendemonstrationen zähneknirschend hinzunehmen – oder ganz auf die Ehrung zu verzichten. Eine Absage sei nicht ausgeschlossen, heißt es in Hamburg. Bisher wollte die Präsidialadministration in Moskau zu dem Thema noch nicht Stellung nehmen. Auch die Universität hat noch keine Rückmeldung. Dort findet man das Schweigen des Kremls jedoch nicht verwunderlich: Antwortschreiben seien in einem solchen Fall ohnehin nicht üblich, sagt Vize-Präsident Hansmann. Was der Universität jetzt bleibt, ist Warten. Dennoch ist Hansmann überzeugt, dass Putin trotz allem am 10. September ausgezeichnet wird: „Ich gehe davon aus, dass Putin kommt und die Ehrung entgegennimmt.“

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