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Politik: Die etwas andere Nordfront

Powell einigt sich mit der Türkei über Nachschub und den Einsatz von Kurdenkämpfern im Irak

Die Nordfront kommt – nur wird sie etwas anders aussehen als ursprünglich geplant: So fasste US-Außenminister Colin Powell am Mittwoch das Ergebnis seiner Verhandlungen in Ankara zusammen. Bei seinem Blitzbesuch einigte sich Powell mit der türkischen Führung darauf, dass die Türkei ein Mitspracherecht bei den amerikanischen und kurdischen Truppenbewegungen im Nordirak bekommt. Damit wird der Weg für den Einsatz zehntausender Kurdenkämpfer frei gemacht, der bisher von einer türkischen Interventionsdrohung blockiert wurde. Zugleich sagte die Türkei ihre Hilfe für die Versorgung der US-Spezialeinheiten im Nordirak zu, die bisher mangels Nachschubs nicht aktiv werden konnten. Statt mit dem ursprünglich geplanten Aufmarsch von US-Truppen über die Türkei soll die Nordfront gegen Bagdad nun von nordirakischen Kurdenkämpfern eröffnet werden, die von US-Spezialkräften befehligt und unterstützt werden.

Nichts ging bisher an der Nordfront, und das lag vor allem an der Türkei. Weil das türkische Parlament den US-Truppen die Genehmigung zum Durchmarsch nach Nordirak verweigert hatte, konnten die USA statt der ursprünglich eingeplanten 62 000 Mann bisher nur 3000 Luftlandetruppen und Fallschirmjäger dort absetzen. Zwar könnten die Amerikaner jederzeit weitere Verstärkungen einfliegen, doch fehlte es schon den vorhandenen Truppen bisher an Benzin und anderem Nachschub, weil auf den kurzen Pisten der Stützpunkte im nordirakischen Kurdengebiet keine großen Transportmaschinen landen können. Dieses Hindernis für den US-Aufmarsch in Nordirak konnte Powell nun überwinden. Die Türkei habe zugesagt, dass die amerikanischen Truppen im Nordirak ab sofort über türkisches Gebiet versorgt werden könnten, sagte der US-Außenminister, dies gelte vor allem für Benzin und Nahrung. Der türkische Außenminister Abdullah Gül fügte hinzu, dass seine Regierung dafür keine neue Genehmigung des Parlaments einholen müsse, der sofortigen Umsetzung also nichts im Wege stehe. Damit könnten die US-Truppen im Nordirak nun rasch aufgestockt werden, sagte Powell.

Eine Einigung erzielte der US-Außenminister mit Ankara auch über den Einsatz der nordirakischen Kurdenkämpfer, die an der Nordfront nun die Masse der ursprünglich eingeplanten US-Soldaten ersetzen sollen. Powell verständigte sich mit der türkischen Führung auf die Einrichtung eines gemeinsamen Steuerungskomitees, in dem der Vormarsch der Nordfront beaufsichtigt und ein koordiniertes Vorgehen gegen mögliche Verletzungen der türkischen Interessen beschlossen werden soll. Die Türkei erhält damit ein Mitspracherecht an der Nordfront, mit dem ihre Furcht vor der Gründung eines Kurdenstaates an ihrer Grenze eingedämmt wird. Im Gegenzug können außer den US-Spezialeinheiten nun auch die Kurdenkämpfer zum vollen Einsatz kommen – an der etwas anderen Nordfront.

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