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Ein Verkehrszeichen zur Geschwindigkeitsbegrenzung für die nächsten 57,0 Kilometer auf der Autobahn A13.

© Soeren Stache/dpa-Zentralbild/dpa

Die FDP fällt beim Ernsthaftigkeitstest durch: Es ist höchste Zeit für ein Tempolimit

Die Bevölkerung soll Energiesparen, notfalls frieren – aber die benzinfressende Raserei bleibt unangetastet? Seriöse Politik geht anders. Eine Kolumne.

Eine Kolumne von Miriam Schröder

Die Mehrheit der Menschen in Deutschland ist für die Einführung eines allgemeinen Tempolimits auf Autobahnen. Offenbar vertrauen sie der Studienlage, die von Untersuchung zu Untersuchung variiert, aber fast immer zu demselben Schluss kommt, dass nämlich ein Tempolimit nur positive Auswirkungen hätte: weniger CO2-Ausstoß, weniger Staus und weniger Unfälle. Dass die Regierung, namentlich die FDP, die Uralt-Forderung nach dem Tempolimit immer noch nicht aufgreift, ist Ausdruck mangelnder Ernsthaftigkeit.

Fakt ist: Der günstigste und effizienteste Beitrag zu mehr Unabhängigkeit von fossilen Energien (egal ob aus Russland oder aus Katar) ist es, weniger Energie zu verbrauchen. Ausgerechnet diese Frage aber kommt in der aktuellen Debatte regelmäßig zu kurz.

Alle diejenigen, denen das Energiegeld und der Tankrabatt nicht reichen, werden im Winter die Heizung runterdrehen oder das Auto stehen lassen. Alle anderen dürfen weiter verschwenden.

Es war bezeichnend, was die parlamentarische Staatssekretärin im Verteidigungsministerium, Daniela Kluckert (FDP), vergangene Woche auf einer Veranstaltung erzählte: Sie selbst sei als Studentin freiwillig nicht schneller als 130 Stundenkilometer gefahren. Ein höheres Tempo habe sie sich nicht leisten können. Das Beispiel zeige, dass die Menschen wüssten, wie sie Sprit sparen können, wenn sie denn wollten (oder müssten). Unfreiwillig machte Kluckert deutlich, dass der wohlhabende Teil der Bevölkerung einen besonders großen CO2-Fußabdruck produziert - und blieb bei ihrem Nein zu einer staatlich verordneten Geschwindigkeitsbegrenzung.

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Das Problem ist nicht nur die Ungerechtigkeit, es ist auch die Botschaft, die von dieser Unernsthaftigkeit ausgeht: dass alles so weitergehen kann wie bisher, solange das persönliche Konto es hergibt. Das kann es nicht. Schon jetzt leiden weltweit Millionen von Menschen unter den Folgen des Klimawandels. Natürlich wäre ein Tempolimit nur ein Tropfen auf den überhitzten Planeten.

Jeder Tropfen zählt

So geht das Hauptargument der Gegner: dass der Nutzen nicht so groß wäre, als dass er den zu erwartenden Ärger rechtfertigen würde. Aber erstens zählt jeder Tropfen. Und zweitens hat die Debatte gerade wegen ihres symbolischen Charakters das Potenzial, ein Umdenken zu bewirken. Der Mensch ist ja anpassungsfähig, das hat nicht zuletzt Corona gezeigt. Wie viele von denen, die Arbeiten im Homeoffice für unmöglich hielten, wollen jetzt gar nicht mehr zurück ins Büro?

Das Neun-Euro-Ticket ist eine tolle Vorlage

Die Gelegenheit ist zudem günstig: Mit dem Neun-Euro-Ticket wird es ab nächster Woche eine preiswerte Alternative zum Auto geben. Flankiert von autofreien Wochenenden, zumindest in den Innenstädten, könnte es ein Sommer der Alternativen werden. Mit Cafés auf den Bürgersteigen und Rollschuhfahrern auf der Straße.

Und warum nicht auch auf dem Land? Auch hier gibt es innovative Köpfe, die Apps entwickelt haben, etwa zum Bilden einer Fahrgemeinschaft. Das Personenbeförderungsgesetz wurde bereits entsprechend reformiert. Die Debatte an sich zu reißen, ihr den Verbotscharakter zu nehmen und die Chancen zu betonen - das würde der FDP gut stehen. Christian Lindner spricht ja neuerdings gern von Freiheitsenergien. Die größte Freiheit bietet die Energie, die gar nicht erst verbraucht wird.

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