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Politik: Die Feuermelder

Nach vier Jahren starten die UN-Kontrollen. Blix entscheidet, ob ein platter Reifen schon Sabotage ist

Von Andrea Nüsse

und Claudia von Salzen

Vier Jahre lang haben sie ihre Arbeit unterbrechen müssen – an diesem Mittwoch sollen die UN-Waffeninspekteure ihre Suche nach Massenvernichtungswaffen im Irak fortsetzen. Unmittelbar vor Beginn der Arbeiten forderte der UN-Sicherheitsrat Bagdad zur vollen Zusammenarbeit auf. Zugleich wurde jedoch noch einmal deutlich, wie unterschiedlich im Sicherheitsrat die Ansichten zum Umgang mit dem Irak sind. In der Frage der Verlängerung des Programms „Öl für Lebensmittel“ kam es zum Streit zwischen den USA auf der einen und Frankreich und Russland auf der anderen Seite. Das Hilfsprogramm wurde daher zunächst nur um neun Tage verlängert. Das Programm erlaubt dem Irak, unter UN-Aufsicht Öl zu exportieren und mit dem Erlös Hilfsgüter einzukaufen.

Die übliche Verlängerung um sechs Monate war an den USA gescheitert. Washington hatte darauf bestanden, die Liste der genehmigungspflichtigen Güter zu erweitern. Auch das Medikament Atropin, das als Gegengift für Nervengase benutzt werden könnte, dürfe nicht eingeführt werden. Bagdad soll vor kurzem größere Mengen Atropin in der Türkei bestellt haben. Washington fürchtet, dass sich der Irak auf den Einsatz von Nervengiften im Kriegsfalle vorbereitet.

Unter dem Druck der USA stehen zumindest indirekt auch die Inspekteure – selbst wenn dies offiziell niemand so sagen würde. Gemäß der jüngsten UN-Resolution sind sie verpflichtet, dem Sicherheitsrat Verstöße des Irak gegen die Abrüstungsverpflichtungen zu melden. Die USA haben jedoch bereits deutlich gemacht, dass sie einen Verstoß gegen die Resolution mit einem Militärschlag ahnden wollen. Unklar ist aber, was genau als absichtliche Behinderung der Inspektionen gewertet werden muss.

Der Chef der UN-Kontrollkommission Unmovic, Hans Blix, betont, es sei Sache des Sicherheitsrates, zu entscheiden, ob ein „erheblicher Verstoß“ gegen die Resolution vorliegt. Dennoch hat gerade er eine große Verantwortung: Schließlich trifft Blix die Entscheidung, was an den Sicherheitsrat gemeldet wird. Genaue Kriterien haben ihm die UN dafür nicht an die Hand gegeben. Auch in der UN-Resolution wird diese Frage nicht eindeutig geklärt. „Er wird seinen gesunden Menschenverstand benutzen müssen“, sagt Unmovic-Sprecher Ewen Buchanan. Als deutlicher Verstoß sei zu werten, wenn den Inspekteuren der Zugang zu einer Anlage verweigert würde. Aber wie sollen die weniger offensichtlichen Behinderungen gewertet werden, die subtilen Störversuche? „Wenn das Auto der irakischen Begleiter unterwegs einen platten Reifen hat und sich daraus eine Verzögerung von 15 Minuten ergibt, ist das eine Sache“, sagt Buchanan. „Etwas anderes wäre es, wenn plötzlich alle vier Reifen platt sind.“

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