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Politik: Die Front der Terroristen

Von Clemens Wergin

Es ist die größte israelische Militäraktion gegen den Libanon seit dem Krieg von 1982. Israel hat den internationalen Flughafen lahm gelegt, Häfen blockiert und Hisbollah-Einrichtungen selbst in Beirut bombardiert. Nachdem es in den sechs Jahren seit dem Rückzug aus dem Libanon unzählige Attacken auf israelisches Territorium gegeben hat, ist Israel nicht länger bereit, kriegerische Übergriffe zu dulden. Weil die Atmosphäre im Nahen Osten wegen der Militäraktion in Gaza aber ohnehin aufgeheizt ist, geht die Angst um, der Schlagabtausch könnte in einen handfesten Krieg eskalieren. Die israelische Regierung sollte deshalb einen kühlen Kopf bewahren und sich nicht mit unerfüllbaren Forderungen unter Zugzwang bringen. Andererseits ist klar, dass Israel dem Konflikt mit Hisbollah nicht länger ausweichen kann.

Um Israel herum stimmen sich die Extremisten zunehmend ab und setzen zu einer koordinierten Attacke gegen Israel an. Die Hintermänner sitzen in Damaskus und Teheran. Es gibt deutliche Hinweise darauf, dass der von Hamas-Leuten geleitete Angriff auf den israelischen Grenzposten am Gazastreifen nur deshalb von der Führung genehmigt wurde, weil der Iran, einer der Geldgeber der Hamas, enormen Druck ausgeübt hat. Offenbar will Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad die Situation weiter aufheizen. Und prompt ist seinem Wunsch auch die verbündete libanesische Hisbollah gefolgt und hat eine zweite Front in Nordisrael eröffnet. Ohnehin gab es in der letzten Zeit Anzeichen für eine Annäherung zwischen der sunnitischen Hamas und der schiitischen Hisbollah, außerdem für steigenden Einfluss Teherans auf palästinensische Extremisten. Gegen die geeinte Front des Terrors sieht Israel sich nun genötigt zurückzuschlagen.

Zum ersten Mal macht Israel aber auch den Libanon selbst für den Angriff auf israelisches Territorium verantwortlich. Beirut hatte es sich ja in den vergangenen Jahren bequem damit gemacht, zu behaupten, man könne den Südlibanon nicht kontrollieren. Eine Ausrede, die Israel nicht länger akzeptieren will – mit gutem Grund. Trotz mehrfacher Aufforderungen durch den UN-Sicherheitsrat hat bisher keine libanesische Regierung je auch nur Anstalten gemacht, die Hisbollah zu entwaffnen. Die ist nun auch noch Teil der Regierungskoalition und stellt einen Minister. Israel darf also das Völkerrecht auf seiner Seite sehen, wenn es den libanesischen Staat für die Attacken auf sein Territorium verantwortlich macht.

Israel will den Libanesen zeigen, dass sie und ihre Wirtschaft leiden, wenn sie die Hisbollah gewähren lassen. Die Terrororganisation soll innenpolitisch unter Druck kommen. Dass Beirut mehr gegen die Hisbollah tun muss, soll aber den eigentlich Verantwortlichen im Hintergrund nicht entschuldigen: Die Beteiligung Teherans ist deutlich sichtbar beim Aufflammen der Gewalt in Nahost. Die Mullahs wollen ablenken von ihrem Atomprogramm – und machen nur zu deutlich, dass es an der Zeit ist, endlich auch ihre destabilisierende Rolle in der Region zu thematisieren. Zunächst muss es aber darum gehen, die Israelis von einer Ausweitung der Militäraktionen abzuhalten. Sie haben den Libanesen eine Botschaft geschickt, die angekommen sein dürfte. Das Ganze sollte nicht so weit getrieben werden, dass die Hisbollah mehr als nur einige ihrer 10 000 Katjuscharaketen auf Israel abfeuert oder gar Syrien und Iran sich auch in den Schlagabtausch begeben. Denn dann wären wir mitten in einem weiteren Nahostkrieg, den – außer vielleicht Teheran – keiner will.

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