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Politik: Die Genossinnen kämpfen mit sich

Die PDS streitet nach dem Wahldebakel um ihre künftige Richtung. Wer die Partei künftig führt, bleibt weiter offen

Von Sabine Beikler

und Matthias Meisner

Petra Pau hat sich noch nicht einmal eindeutig erklärt, doch ihre Gegner formieren sich bereits. Pau, bisher stellvertretende Chefin der Bundestagsfraktion und zugleich Vize-Vorsitzende der Partei, wird als Kandidatin für den PDS-Parteivorsitz gehandelt. Eine Bewerbung, die vor allem eines wäre: Eine Kampfkandidatur gegen die seit zwei Jahren amtierende Chefin Gabi Zimmer, der viele das Debakel der Genossen bei der Bundestagswahl am vorvergangenen Sonntag in die Schuhe schieben wollen. Pau werde die PDS zu einem „sozialdemokratischen ostdeutschen Folkloreverein“ machen, spottete die „Junge Welt“, Sprachrohr der Orthodoxen in der Partei.

Auch die Sozialisten in Sachsen und Thüringen sind der Überzeugung, dass ohne Zimmer alles noch schlimmer werden würde. Der stellvertretende PDS-Vorsitzende Peter Porsch, Chef der sächsischen Landtagsfraktion, will seine Partei auf Oppositionskurs trimmen. Da Pau eine von zwei PDS-Politikerinnen sei, die ein Bundestagsmandat erkämpft haben, sei es „nicht günstig“, wenn die Partei künftig nur noch über sie wahrgenommen werde: „Wir brauchen keine Pau- AG.“ Deutlicher noch wird Klaus Bartl, vor der Wende SED-Funktionär in Karl-Marx- Stadt, nun einflussreicher Strippenzieher in der Dresdner PDS-Landtagsfraktion: Pau stehe für den Anbiederungskurs an die SPD und die „unsägliche Serie“ von Entschuldigungs-Kniefällen, erklärt er. Sie habe damit Verantwortung zu tragen für eine der „maßgeblichen Ursachen für die schwere Wahlniederlage der PDS“. Ihre Kandidatur um den Bundesvorsitz hingegen würde „der PDS schaden“. Pau wies das prompt zurück: „Das ist absoluter Quatsch.“ Sie habe immer die „strategische Autonomie“ der PDS gegenüber der SPD vertreten. Die PDS sei eine eigenständige Partei – nur müsse sie nach dem Wahldesaster darauf abzielen, dass sie wieder „zu einer gefragten und gewählten eigenständigen Partei“ werde.

Doch ob nun mit oder ohne Pau in der Führung, das bleibt offen. Mehrere Stunden lang beriet der PDS-Vorstand in Berlin erneut über die Konsequenzen aus der schweren Wahlniederlage – ohne dass Pau eindeutig erklärte, ob und für welches Amt sie beim Bundesparteitag am 12. und 13. Oktober in Gera antreten wird. Auch Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch, der ebenfalls zu den Zimmer-Kritikern gerechnet wird, hielt sich mit Blick auf die turnusmäßig anstehende Neuwahl des Vorstandes alles offen: Gerüchte, er werde mit einem Ministeramt in der rot-roten Landesregierung in Schwerin versorgt, dementierte der Parteimanager. Die Vorstandsdebatte über den künftigen Kurs der Partei kam derweil nach Einschätzung von Teilnehmern zu kurz: „Wir können doch nicht über Inhalte reden, wenn wir noch nicht einmal wissen, wer für welches Amt antritt“, sagte einer.

Pau verteidigt ihr Vorgehen: „Wir sind alle in einer angespannten Situation. Wir müssen jetzt gemeinsame Lösungen entwickeln“, äußert sie sich betont diplomatisch zur Zusammenarbeit mit Zimmer. Und auch die in Berlin gescheiterte Bundestagskandidatin Sandra Brunner pflichtet ihr bei: „Wenn wir keinen inhaltlichen Neuanfang haben, nutzt auch ein personeller Neuanfang nichts.“

Petra Pau galt schon vor der Wahl von Gabi Zimmer auf dem Cottbuser Parteitag im Oktober 2000 als potenzielle Nachfolgerin von Lothar Bisky. Damals argumentierten ihre parteiinternen Kritiker, die PDS solle nicht – in Anlehnung an den DDR-Zentralismus – „von Berlin aus“ gelenkt werden. Für einige sagte Pau damals wohl auch zu deutlich, dass es ein „Zurück zur DDR“ nicht geben dürfe. Pau war damals Landeschefin der PDS in Berlin. Aus der PDS-Spitze verlautete am Montag, dass eine Kandidatur von Pau ein deutliches Signal setzen würde, der rot-roten Koalition auf Berliner Landesebene neben Mecklenburg-Vorpommern ein größeres parteiinternes Gewicht zu geben. Pau wird demnach zugetraut, die in der PDS aus Sicht der Reformer überfällige Programmdiskussion voranzutreiben.

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